Kennen Sie diese 9 Migräne-Formen?
Migräne ist ein komplexes neurologisches Leiden, das für seine heftigen Kopfschmerzen berüchtigt ist. Die Erkrankung hat dabei viele Gesichter.

Migräne ist weit mehr als nur Kopfschmerz – sie ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die das Leben vieler Menschen erheblich beeinflusst. Vielleicht kennen Sie das:
Plötzlich setzt ein pochender Schmerz ein, begleitet von Lichtempfindlichkeit oder Übelkeit. Doch Migräne ist nicht gleich Migräne. Es gibt verschiedene Typen, die sich in Symptomen und Auslösern unterscheiden.
Wir schauen sie uns genauer an. So können Sie besser einschätzen, welche Art von Migräne Sie oder Ihre Angehörigen betrifft und wie Sie damit umgehen können.
1. Migräne ohne Aura – Die unsichtbare Bedrohung
Die Migräne ohne Aura ist die häufigste Form und zeichnet sich durch einen meist einseitigen, pulsierenden Kopfschmerz aus. Dieser wird oft von Übelkeit sowie Licht- und Geräuschempfindlichkeit begleitet und dauert zwischen vier und 72 Stunden an.
Vor dem eigentlichen Kopfschmerz treten keine neurologischen Vorboten wie Sehstörungen auf. Körperliche Aktivität verschlimmert die Beschwerden meist zusätzlich.

Die Attacken können sehr belastend sein und das Alltagsleben erheblich beeinträchtigen. Viele Betroffene möchten sich dann nur noch zurückziehen.
2. Migräne mit Aura – Das schillernde Phänomen
Migräne mit Aura betrifft etwa 10 bis 20 Prozent aller Migränepatienten und kündigt sich meist durch auffällige neurologische Symptome an. Sie erleben dabei oft Sehstörungen wie Flimmern, Zickzacklinien oder Gesichtsfeldausfälle, manchmal auch Kribbeln, Taubheit oder Sprachprobleme.
Die Aura-Phase dauert in der Regel zwischen 10 und 60 Minuten. Sie kann einzeln oder in Kombination mit anderen Symptomen auftreten.

Nicht jeder Migräneanfall mit Aura führt zwangsläufig zu Kopfschmerzen. Manchmal bleibt es «nur» bei den neurologischen Symptomen.
3. Stille Migräne – Die lautlose Qual
Stille Migräne ist tückisch: Sie erleben alle typischen Migräne-Symptome wie Sehstörungen, Schwindel oder Sprachprobleme – aber der klassische Kopfschmerz bleibt aus. Das macht die Diagnose oft schwierig, denn ohne den Schmerz denken viele nicht an Migräne und suchen spät ärztlichen Rat.
Gerade weil die Symptome so diffus sind, fühlen Sie sich vielleicht verunsichert oder missverstanden. Wichtig ist:
Stille Migräne ist real und kann Ihr Wohlbefinden stark beeinträchtigen. Nehmen Sie Ihre Beschwerden ernst und sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt darüber.
4. Menstruationsmigräne – Der monatliche Fluch
Viele Frauen kennen das Phänomen: Kurz vor oder während der Periode treten Migräneattacken besonders häufig auf. Die sogenannte Menstruationsmigräne ist eng mit hormonellen Schwankungen verknüpft und zeigt sich meist ohne Aura.
Ihr Östrogenspiegel fällt kurz vor und zu Beginn der Menstruation abrupt ab, worauf Ihr Körper besonders sensibel reagiert. Der Botenstoff CGRP wird im Gehirn verstärkt ausgeschüttet, die Blutgefässe erweitern sich und lösen die Migräne aus.

Wenn Sie regelmässig rund um Ihre Periode unter Migräne leiden, kann ein Kopfschmerztagebuch helfen, den Zusammenhang zu erkennen und gemeinsam mit Ihrem Arzt gezielt nach Lösungen zu suchen.
5. Vestibuläre Migräne – Wenn alles aus dem Gleichgewicht ist
Bei der vestibulären Migräne stehen Schwindel und Gleichgewichtsstörungen im Vordergrund. Sie fühlen sich vielleicht, als würden Sie auf einem schwankenden Schiff stehen, selbst wenn Sie still sitzen.

Diese Form der Migräne betrifft nicht nur das Gleichgewicht, sondern kann auch mit klassischen Migränesymptomen einhergehen. Vestibuläre Migräne ist oft schwer zu diagnostizieren, da die Symptome auch bei anderen Erkrankungen (zum Beispiel Morbus Menière) auftreten können.
6. Chronische Migräne – Das (fast) tägliche Martyrium
Chronische Migräne bedeutet, dass Sie an mindestens 15 Tagen im Monat Kopfschmerzen haben, von denen mindestens acht typische Migräneattacken sind. Diese Form entwickelt sich häufig aus einer episodischen Migräne, wenn die Attacken immer häufiger werden.
Chronische Migräne kann Ihr Leben massiv einschränken und ist oft mit einem übermässigen Gebrauch von Schmerzmitteln verbunden. Eine frühzeitige und konsequente Behandlung ist entscheidend, um die Häufigkeit der Attacken zu reduzieren.
7. Abdominale Migräne – Der Bauch als Problemherd
Vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen, kann sich Migräne als Bauchschmerz äussern – das nennt man abdominale Migräne. Während eines Anfalls können zusätzlich Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Blässe auftreten.
Zwischen den Attacken sind Sie jedoch beschwerdefrei. Kopfschmerzen stehen bei dieser Form nicht im Vordergrund, was die Diagnose erschwert.

Die Schmerzen halten in der Regel zwischen einer Stunde und mehreren Tagen an und sind meist so stark, dass alltägliche Aktivitäten nicht möglich sind. Die genaue Ursache der abdominalen Migräne ist noch nicht vollständig geklärt, jedoch spielen genetische Faktoren, bestimmte Nahrungsmittel und Stress eine Rolle.
8. Hemiplegische Migräne – Die lähmende Pein
Der hemiplegische Migränekopfschmerz ist eine seltene, aber schwere Migräneform, bei der es zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen auf einer Körperseite kommt. Diese Symptome ähneln einem Schlaganfall und sind sehr beängstigend.
Man unterscheidet eine familiäre Form, bei der mindestens einer Ihrer Verwandten ebenfalls betroffen ist, und eine sporadische Form ohne familiären Zusammenhang. Die Erkrankung wird meist autosomal-dominant vererbt und ist mit bestimmten Genmutationen assoziiert.
Die Lähmungen bilden sich in der Regel nach einigen Stunden oder Tagen wieder zurück. Schwere Anfälle können bei Ihnen jedoch auch zu Verwirrtheit, Fieber, epileptischen Anfällen oder sogar zu Bewusstseinsstörungen führen.
9. Retinale Migräne – Der blinde Fleck
Bei der ebenfalls seltenen retinalen Migräne kommt es zu vorübergehenden Sehstörungen oder sogar einem kompletten Sehverlust auf einem Auge. Diese Symptome halten meist nur wenige Minuten an und gehen in der Regel mit Kopfschmerzen einher.

Ursache ist vermutlich eine vorübergehende Durchblutungsstörung der Netzhaut. Auch genetische Faktoren, hormonelle Veränderungen oder Gefässverengungen spielen eine Rolle.
Sollten Ihre Beschwerden länger als eine Stunde andauern oder zum ersten Mal auftreten, ist es wichtig, umgehend einen Augenarzt aufzusuchen. Dieser kann andere ernste Ursachen wie eine Netzhautablösung ausschliessen.
Schmerz lass nach: Wie wird Migräne behandelt?
Migräne wird je nach Typ und Schweregrad unterschiedlich behandelt. Bei leichten bis mittelschweren Attacken kommen meist klassische Schmerzmittel (Ibuprofen, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure) zum Einsatz.
Für stärkere Migräneanfälle, egal ob mit oder ohne Aura, werden sogenannte Triptane empfohlen. Sie beeinflussen gezielt die Migränemechanismen und sind besonders wirksam.

Bei chronischer Migräne oder häufigen Attacken ist eine vorbeugende Therapie sinnvoll, etwa mit Betablockern, Topiramat oder monoklonalen Antikörpern gegen CGRP. Diese Prophylaxe zielt darauf ab, die Anzahl und Schwere der Migräneanfälle langfristig zu reduzieren.