In Luzern wurde eine Mutter und ihre Tochter trotz Kirchen-Asyl ausgeschafft. Migrationsamt und Kirchenrechtsexperte zum Verfahren aus ihrer Sicht.
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Die Kirche kann im Notfall Asyl gewähren. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Mutter und ihre elfjährige Tochter wurden am Dienstag ausgeschafft.
  • Sie beide befanden sich im Kirchen-Asyl in Luzern.
  • Dieses ist nicht gesetzlich geregelt, gilt aber meistenorts akzeptiert.

«Der Vollzug von Mutter und Tochter wurde so gut wie möglich umgesetzt», erklärt Alexander Lieb zur Situation vom vergangenen Dienstag. Eine Mutter und ihre Tochter waren trotz Kirchen-Asyl nach Belgien ausgeschafft worden.

Die Rechtslage des Kirchen-Asyls ist weiterhin heikel. Keine bestehende Gesetzgebung, keine Vorschriften für die Kirchen. Doch wie geht das Migrationsamt mit der Situation um?

Mehraufwand für Migrationsamt

«Wir haben mit der Kirche das Gespräch gesucht und gemeinsame Lösungen angestrebt. Auch sind wir der Ansicht, die Abläufe und das Vorgehen seien rechtmässig und angemessen gewesen», so Lieb zum Fall.

Kirchen-Asyl bedeutet für das Amt für Migration einen Mehraufwand: «Es fanden mehrere Gespräche statt.» Inwiefern es die Arbeit behindert, ist allerdings unklar: Bei den zwei Betroffenen handelt es sich um den ersten Fall von Kirchen-Asyl in Luzern.

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Die Mutter und ihre Tochter wurden aus der Schweiz ausgeschafft. - z.V.g.

Lieb erklärt, weshalb die Ausschaffung unumgänglich war: «Der Fall wurde durch alle rechtlich möglichen Instanzen beurteilt. Wir haben einen abschliessenden Entscheid des Staatssekretariates für Migration, der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde, umgesetzt. Diesen Auftrag gibt uns das Bundesgesetz.»

Kirchenexperte sieht Asyl als Chance

Urs Brosi ist Kirchenrechtsexperte und hat am Leitfaden für Kirchen-Asyl mitgearbeitet. Er erklärt die Rechtslage hinter der Asylmethode: «In unserem modernen Rechtsstaat gibt es keine rechtsfreien Räume. Deshalb ist das Kirchen-Asyl offiziell auch nicht akzeptiert.»

Trotzdem geht man seit Jahrhunderten vorsichtig damit um. Brosi sieht zwei Gründe für die Toleranz der Behörden: «Zum einen ist das Kirchen-Asyl eine Tradition, welche bereits in der Antike und im Mittelalter angewendet wurde. Man hat sich bis heute meisten daran gehalten: ‹keine Gewalt im Nahbereich Gottes›.»

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Auch hier besetzen Migranten eine Kirche. - Keystone

Zum anderen sei die Anwendung des Kirchen-Asyls ausschlaggebend. «Wir appellieren an die Kirche, äusserst vorsichtig mit diesem Instrument umzugehen. Es soll nicht regelmässig zur Anwendung kommen.»

Nur wenn die subjektive Überzeugung bestehe, dass der Fall nicht richtig beurteilt wurde, könne man davon Gebrauch machen.

«Die Kirche macht keine Sonderjustiz»

Da das Kirchen-Asyl nicht gesetzlich geregelt ist, kann die Kirche auch nichts gegen einen Negativentscheid unternehmen. «In jenen Fällen muss das System akzeptiert werden, auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Die Kirche macht schliesslich keine Sonderjustiz, sondern spielt sinngemäss mit der moralischen Autorität.»

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