Urner Landrat spielt beim Wahl-Modus mit dem Feuer
Der Kanton Uri muss sein Wahl-System ändern, so will es das Bundesgericht.

Die Regierung hat sich für den «Doppelten Pukelsheim» bei Proporzgemeinden ausgesprochen. Das Parlament hingegen will den Einfluss der Neuerung auf weniger Gemeinden beschränken und nimmt ein Bundesveto in Kauf.
Heute wählen im Kanton Uri acht Gemeinden mit drei und mehr Landratssitzen nach dem Proporzverfahren ihre Parlamentsvertreter. Die restlichen zwölf Gemeinden kennen das Majorz-Prinzip. Dieses Mischsystem ist laut dem Bundesgericht zulässig, weil es den besonderen geografischen und gesellschaftlichen Verhältnissen in den kleinen Gemeinden entspricht.
Als nicht verfassungskonform gerügt haben die Bundesrichter dagegen die Wahlen in den Proporzgemeinden. Denn hier habe nicht jede abgegebene Stimme das gleiche Gewicht und den gleichen Erfolgswert. Bis zu zur nächsten Gesamterneuerungswahl des Landrats im Jahr 2020 müsse der Kanton den Wahlmodus ändern.
Die Regierung will das mit dem System des Doppelten Pukelsheim tun, wie sie es schon 2014 ins Auge gefasst hatte. Dabei werden die Mandate zunächst über die Wahlkreise hinweg auf die Parteien verteilt. Erst anschliessend wird bestimmt, in welchen Wahlkreisen die Parteien ihre Sitze erhalten.
Mehr Majorz-Gemeinden
Für die Wähler ändert sich nichts, die Gemeinden können als Wahlkreise bestehen bleiben. Zudem sei das System erprobt, argumentierte die Regierung. Auch sei es vom Bundesgericht als nachvollziehbar und sachgerecht bezeichnet worden. Anwenden wollte die Regierung das System auf die aktuellen Proporzgemeinden.
Die vorberatende Justizkommission stellte in der Sitzung vom Mittwoch allerdings den Antrag, die Kantonsverfassung so zu ändern, dass neu nur noch für Gemeinden, denen fünf oder mehr Landräte zustehen, das System der Verhältniswahl gelten soll. Sie obsiegte mit 43 zu 17 Stimmen bei 1 Enthaltung. Damit entstehen vier neue Majorz-Gemeinden.
Die bisherigen Proporzwahlen hätten gezeigt, dass die Zugehörigkeit zu Parteien in Uri von tiefer Bedeutung sei, begründete Kommissionssprecher Andreas Bilger (CVP) den Antrag. In den Gemeinden fehlten diverse Ortsparteien, die vorhandenen würden stetig an Bedeutung und Mitgliedern verlieren. Parlamentswahlen in kleineren Urner Gemeinden seien Kopfwahlen, lautete der Tenor.
«Partizipation schmälern»
Die Fraktion SP/Grüne hatte den Antrag erfolglos bekämpft. Das Urner Stimmvolk habe 2012 eine flächendeckenden Einführung des Majorz-Systems abgelehnt, dies wolle die Kommission nun über die Hintertür erreichen, argumentierte sie. Das Vorgehen schmälere den Anteil an politischer Partizipation für kleine Parteien. Die Fraktion stellt neun Mitglieder im 64-köpfigen Kantonsparlament.
Überdies sei das Vorgehen der Kommission gar nicht zulässig, weil sie im Geschäft der Gesetzesänderung eine Verfassungsänderung verstecke. Ein Antrag auf Rückweisung des Kommissionsantrags scheiterte aber klar.
Auch Justizdirektorin Heidi Z'graggen hatte im Rat erfolglos gewarnt, die Regierung sei mehr als skeptisch gegenüber dem Antrag der Kommission. Sie stützte sich einerseits auf das Bundesgerichtsurteil und ein Rechtsgutachten. Man dürfe demnach nicht leichthin annehmen, dass Parteistrukturen fehlten. Immerhin sei in den letzten Jahren danach gewählt worden.
«Auf der sicheren Seite»
«Mit der Vorlage des Regierungsrates sind sie auf der sicheren Seite», hatte Z'graggen geworben. Denn anders als die Änderung des Proporzgesetzes muss die Änderung der Kantonsverfassung von der Bundesversammlung gewährleistet werden. Doch auch das Argument eines nicht rechtskonformen Wahlsystems für die kommenden Wahlen, verfing nicht. Der Landrat stimmte in der Schlussabstimmung mit 54 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung für das Proporzgesetz mit der Ausweitung der Majorzgemeinden.
Der Rat verzichtete auf eine zweite Lesung. Somit kommt die gesamte Vorlage nun direkt vors Volk. Die Abstimmung dürfte im Mai stattfinden.