Die Festival Strings Lucerne verfügen ab sofort über eine zweite Stradivari-Violine.
Daniel Dodds spielt die Stradivari Selliere
Daniel Dodds mit Selliere - FESTIVAL STRINGS LUCERNE

Die Festival String Lucerne, 1956 in Luzern als Kammerorchester gegründet, geniessen weltweit einen ausgezeichneten Ruf und gastieren regelmässig auf den wichtigsten internationalen Konzertbühnen. Dieser exzellente Ruf macht es jetzt möglich, dass das Orchester die März-Konzerte in Wien und Luzern mit einem weiteren

Topinstrument bestreiten kann. Daniel Dodds, künstlerischer Leiter der Festival Strings Lucerne, wird die beiden Konzerte erstmals auf der vor 1680 gebauten «Sellière»-Stradivari bestreiten.

Das Instrument wurde den Festival Strings Lucerne vor einiger Zeit exklusiv angeboten. Es war mehr als 100 Jahre Teil der Instrumentensammlung der inzwischen nach Argentinien ausgewanderten Vorarlberger Industriellenfamilie Hämmerle und wurde in den letzten Jahrzehnten in einem Banksafe aufbewahrt. Theodor Hämmerle (1859–1930), in

Wien und Dornbirn beheimateter Textilfabrikant und Kunstmäzen, war die treibende Kraft hinter der Instrumentensammlung, gehörte zum Direktorium der Wiener Konzerthausgesellschaft und war in dieser Funktion 1913 involviert in die Eröffnung des Wiener Konzerthauses.

Seine Nachkommen haben die einst fast 50 Instrumente umfassende Sammlung inzwischen fast ganz aufgelöst. Die «Sellière»-Stradivari – die letzte von insgesamt drei Stradivaris der Sammlung – wollten sie nicht einfach dem Meistbietenden im internationalen Markt historischer Instrumente überlassen. Sie wollten mit dem Verkauf dieses besonderen Instrumentes auch etwas Besonderes bewirken.

Deshalb nahmen sie mit den Festival Strings Lucerne Kontakt auf. Ausschlaggebend dafür war die Strahlkraft des Schweizer Orchesters in der internationalen Musikszene, aber auch der enge Bezug der Festival Strings Lucerne zur «Sellière»-Stradivari. Deren Mitbegründer Wolfgang Schneiderhan hatte die «Sellière»-Stradivari bis 1979 über Jahrzehnte selber gespielt. Der 2002 verstorbene österreichische Weltklasse-Geiger ist Träger der Ehrennadel der Stadt Luzern und Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker. Er hatte massgeblichen Einfluss auf die rasante Etablierung der Festival Strings Lucerne in der Weltspitze, war mit seinem Wirken als regelmässiger Gast der Internationalen Musikfestwochen (Lucerne Festivals) und als Leiter einer Meisterklasse für Violine am Luzerner Konservatorium eine zentrale Figur der Luzerner Kulturszene.

Die Festival Strings Lucerne fanden mit der Luzerner Stiftung Monika Widmer eine Partnerin, die den Kauf des Instrumentes ermöglichte. Die Stiftung geht zurück auf die Tochter einer Schweizer Industriellenfamilie. Sie wurde 2013 als letzter Wille der damals verstorbenen Stiftungsgeberin gegründet und unterstützt heute nach ihren Stiftungsrichtlinien Projekte im kulturellen und sozialen Bereich. Sie ist gemeinnützig ausgerichtet und wirkt nicht gewinnorientiert.

Jetzt hat die Stiftung Monika Widmer die «Sellière»-Stradivari käuflich erworben und stellt das Instrument den Festival Strings Lucerne zur Verfügung. Sie will mit diesem Akt der privaten Kulturförderung mithelfen, dass der Klang dieses historisch bedeutungsvollen Instrumentes wieder öffentlich zu hören ist. Sie ist überzeugt, dass die Kulturförderung auf dem Platz Luzern mit dieser zweiten in Luzern gespielten Stradivari-Violine einen weiteren Meilenstein erreicht und die lokale, nationale und internationale Strahlkraft der Festival Strings Lucerne weiter vergrössert. Die Stiftung wird das Instrument umfassend dokumentieren und es auf diesem Weg in einer noch festzulegenden Form einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die Grundlagen dafür hat der renommierte Zürcher Geigenbauer Johannes G. Leuthold gelegt. Er hat die «Sellière»-Stradivari nach modernsten wissenschaftlichen Methoden untersucht und attestiert dem Instrument einen aussergewöhnlich guten Zustand. Trotzdem – oder gerade deswegen – soll das Instrument nicht eine museale Zukunft erhalten, sondern soll im Orchesterbetrieb zum Einsatz kommen.

Die Festival Strings Lucerne erhalten auf diesem ein Weg ein herausragendes Instrument zur Verfügung gestellt. Für die Festival Strings Lucerne hat das neue Instrument identitätsstiftenden Charakter. Damit stehen dem Orchester zwei absolute Topinstrumente zur Verfügung. Beide haben einen engen Bezug zu den Gründern des Orchesters. Während die «Sellière»-Stradivari mit Wolfgang Schneiderhan verknüpft ist, geht die andere Stradivari-Violine auf deren Mitbegründer Rudolf Baumgartner zurück, Ehrenbürger der Stadt Luzern und Innerschweizer Kulturpreisträger. Die beiden Stradivari-Geigen bilden zusammen mit Instrumenten von Nicola Amati und Andrea Guarneri eine wichtige Basis für den unverwechselbaren Klang, mit dem es die Musikerinnen und Musiker der Festival Strings Lucerne zu höchster internationaler Anerkennung gebracht haben.

Die «Sellière»-Stradivari stammt aus der frühen Schaffensperiode von Antonio Stradivari und hat eine spannende Vergangenheit. Sie gehörte im 18. Jahrhundert zur Sammlung des spanischen Königshauses. Eine weitere prominente Vorbesitzerin war die um die Mitte des 19. Jahrhunderts europaweit konzertierende, aus Como in Italien stammende Geigerin Carolina Ferni (1839–1926). Carolina Ferni gehörte zusammen mit ihrer Schwester Virginia zu den ersten international bekannten Geigensolistinnen überhaupt. 1912 wurde das Instrument von Theodor Hämmerle in seine rund 50 Instrumente umfassende Sammlung aufgenommen. Wolfgang Schneiderhan wurde 1938 Konzertmeister der Wiener Philharmoniker. In dieser Zeit hat er das Instrument mutmasslich bereits nutzen können. 1979 gab Wolfgang Schneiderhan das Instrument an die Nachfahren Hämmerles zurück. Seit 1986 lag das Instrument in einem Banksafe und wurde nicht mehr gespielt.

Es wird jetzt von Daniel Dodds behutsam eingespielt. Erstmals erklingen wird das Instrument an zwei Premierenkonzerten im Wiener Konzerthaus am 5. März 2019 (auf Einladung der Jeunesse Wien) und 7. März 2019 im Kunst- und Kongresshaus (KKL) in Luzern. In den beiden Konzerten treten Solisten der Wiener Philharmoniker zusammen mit den Festival Strings Lucerne auf. Bei der Premiere der «Sellière»-Violine in der Neuzeit wird eine eigens neu erstellte, von den Nachfahren des Komponisten autorisierte Streichorchesterfassung des Streichsextetts aus Richard Strauss’ letzter Oper «Capriccio» op. 85 erstaufgeführt. Wolfgang Schneiderhan hatte im Mai 1942 auf Wunsch und in Anwesenheit des Komponisten das Sextett in Wien uraufgeführt.

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