Laut dem Lehrplan 21 hat christliche Weihnachten keinen Platz mehr in der Schule. Eine erfahrene Lehrerin erklärt, wie das in der Praxis aussieht.
Islam Schweiz Debatte Burkaverbot
Die Islam-Debatte verläuft nicht mehr so gehässig wie vor einigen Jahren, sagt Politologe Claude Longchamp. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Christliche Weihnachten verschwindet mehr und mehr aus den Schweizer Schulzimmern.
  • Eine Lehrerin erklärt, wie es dazu kam.
  • Verantwortlich seien vor allem die Eltern.

Der Lehrplan 21 sieht keine christliche Weihnachten im Schulzimmer vor. Keine aufgehängten Sterne, kein geschmückter Tannenbaum oder kein Krippenspiel. Auch Weihnachtslieder wie «O du Fröhliche» gehören somit nicht mehr in die Schule.

Der Lehrplan 21 polarisiert - auch unter Lehrern. M.P. * unterrichtet seit knapp 40 Jahren im Raum Bern.

Zeugen Jehovas
Der Schulunterricht soll säkular gestaltet werden. Der Umgang mit Sekten wie den Zeugen Jehovas sei oft schwieriger als derjenige mit muslimischen Eltern. - Keystone

Sie glaubt, dass weder der Lehrplan 21 noch die Kinder hauptverantwortlich dafür sind, dass der Religionsbezug zu Weihnachten zunehmend aus Schulzimmern verschwindet. Stattdessen würden sich viele Lehrer von andersgläubigen Eltern unter Druck gesetzt fühlen.

Demografische Thematik

«Grundsätzlich ist es eine demografische Thematik», glaubt die Lehrerin. «In anderen Kulturen ist die Religion teilweise noch viel stärker mit der eigenen Identität verknüpft als bei uns Schweizern.» In Klassen mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund sei Weihnachten spürbar unerwünscht. In «Schweizer»-Klassen dagegen schon.

In den letzten Jahren sei der christliche Feiertag immer mehr zur Diskussion gestanden. «Wir veranstalteten jahrelang ein Weihnachtssingen in der Kirche. Dann gab es irgendwann Probleme bei den Proben. Kinder wurden dispensiert. Wir konnten das gut regeln, redeten mit den Eltern, nahmen nur noch ‹weltliche › Texte.» Aber: «Seit ein paar Jahren organisieren wir nichts mehr dergleichen.»

Eltern sind meist Auslöser

M.P. nimmt dabei die Kinder in Schutz. Denn dass diese sich von sich aus weigern würden, ein Weihnachtslied zu singen oder christlich gefärbte Texte hinterfragen, käme höchst selten vor. «Meistens sind es die Eltern, die kritisch sind und intervenieren.»

Burkini
Viele Eltern wollen ihre Kinder vom Schwimmunterricht dispensieren lassen. Ein Burkini kann ein Kompromiss sein. - Getty

Bei solchen Interventionen versuche man, gemeinsam eine Lösung zu finden. Die Lehrerin betont, dass die meisten Eltern kompromissbereit seien. Aber: «Gewisse sind sehr eingefleischt. Diese Konfrontationen sind dann sehr unangenehm.»

Sie glaubt, dass deshalb christlich-religiöser Hintergrund immer mehr aus dem Schulzimmer verschwindet. «Als Lehrer scheut man diese Konfrontation, weil man sich Mühe gibt, möglichst neutral zu bleiben. Auch wenn es vielleicht nicht die eigene Überzeugung widerspiegelt.»

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Die Lehrerin stützt die Aussage der obersten Lehrerin der Schweiz, Dagmar Rösler. Weihnachten soll mehr sein als nur Geschenke und Tannenbäume. - Keystone

Persönlich findet sich die 60-Jährige in der Einstellung von Dagmar Rösler wieder. «Auch ich finde, dass der Hintergrund von Weihnachten mehr sein sollte als nur Geschenke und Tannenbäume. Ich lerne immer mehr Kinder kennen, auch andersgläubige, die hauptsächlich Weihnachten feiern der Geschenke wegen. Wir begründen das nicht anders, darum kennen sie es auch nicht.» Das sei schade.

Sekten wie Zeugen Jehovas schlimmer als Moslems

Sie will dabei explizit nicht mit dem Finger auf den Islam zeigen. «Wie bei den Christen gibt es auch bei den andern Religionen mehr oder eben weniger Gläubige, beziehungsweise extreme.»

Und weiter: «Oftmals übernehmen die Familien Teile aus unserer Religion und setzen die Bräuche um. Der Hintergrund dazu fehlt aber und so erhält alles einen verzehrten Anstrich.» Der Umgang mit Sekten wie den Zeugen Jehovas oder den Kirschblütlern sei oft viel schwieriger.

Trotz allem –eine klarere Regulierung im Bildungssystem wünscht sich die Lehrerin nicht. «Ich schätze die Selbstständigkeit, jede Klasse, jedes Kind ist anders. Wenn man als Lehrerin den Kindern etwas beibringen will, ist es nötig, dass man flexibel bleibt. Nur so erreicht man sie.»

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