Auf YouTube ist am 31. März ein unheimliches Video aufgetaucht. Es zeigt eine Collage von amerikanischen Lokalsendern, wie sie allesamt ein und dieselbe Nachricht verbreiten. Innerhalb zweier Tage erreicht das Video zwei Millionen Klicks und wird zum Renner auf Reddit.
Die Sinclair-Medien im Chor: eine unheimliche Collage
Die Sinclair-Medien im Chor: eine unheimliche Collage - YouTube
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 31. März ist auf YouTube ein Video aufgetaucht, das zeigt, wie einheitlich amerikanische Lokalsender berichten.
  • Die Sender gehören dem Medienmperium Sinclair an.

Es läuft wohl unter «Eigentlich wussten wir es, aber wenn es uns in dieser Deutlichkeit vorgehalten wird, schockiert es uns trotzdem.» Das YouTube-Video, in dem dutzende amerikanische Lokalsender ein und dieselbe Meldung verkünden, schockiert derzeit die Internetgemeinde. In zwei Tagen gab es rund zwei Millionen Klicks auf YouTube und 250'000 Upvotes auf Reddit. Dass die grossen Zeitungen wie «USA Today», «Washington Post» und «New York Times» sowie die grossen Fernsehstationen bisher dazu schweigen, verstärkt nur das Gefühl Orwell'scher Machtlosigkeit angesichts einer anscheinend auf die gleiche Linie getrimmten Medienlandschaft.

«Extremely dangerous to a democracy» - In der Tat.

Eine beissende Ironie

Die Tatsache, dass es in der so verlesenen Nachricht um «Fake News» und ihre Gefahr für eine Demokratie geht, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. «Das ist extrem gefährlich für unsere Demokratie» – genau das denken sich die Zuschauerinnern und Zuschauer, wenn sie ein Video wie dieses sehen.

Und das ist die Nachricht der Sender an die Zuschauer:
«We’re concerned about the troubling trend of irresponsible, one sided news stories plaguing our country. The sharing of biased and false news has become all too common on social media [...] More alarming, some media outlets publish these same fake stories [...] stories that just aren’t true, without checking facts first. [...] Unfortunately, some members of the media use their platforms to push their own personal bias and agenda to control ‘exactly what people think’ [...] This is extremely dangerous to a democracy.»

«Der besorgnisseregende Trend, dass unverantwortliche und einseitige Nachrichten unser Land heimsuchen, macht uns Sorgen. Das Teilen von voreingenommenen und falschen Nachrichten auf den Sozialen Medien ist nur allzu normal geworden [...] Noch alarmierender: auch die Medien publizieren diese gefälschten Nachrichten [...] Nachrichten, die einfach nicht wahr sind, ohne vorher die Fakten zu checken. [...] Leider nutzen gewisse Medienschaffende ihre Plattformen um ihre eigene persönliche Agenda zu verbreiten um zu kontrollieren, was die Leute denken. [...] Das ist extrem gefährlich für eine Demokratie.»

Die Sinclair Mediengruppe

Wie kommt es zu so etwas? Grund dafür ist die Sinclair Mediengruppe. Das rechtskonservative Medienunternehmen besitzt derzeit beinahe 200 lokale Fernsehsender und ist im Begriff noch weitere dazuzukaufen. Die Sender des Unternehmens erreichen ca. 46 Prozent der amerikanischen Haushalte, vor allem im Süden und im Mittleren Westen. Und die Zuschauer vertrauen ihnen. In einer Befragung gaben 41 Prozent an, den Lokalsendern zu glauben. Nur 27 Prozent glauben den nationalen Sendern. Wer die Lokalsender also auf seine Meinung trimmt, hat einen bedenklichen Einfluss auf die Volksmeinung der USA.

Ein fataler Fehler?

Ein Memo an viele oder alle der Fernsehstationen, mit der Aufforderung, dieselbe Nachricht Wort für Wort vorzulesen, zeigt eindrucksvoll, was für eine Macht Sinclair besitzt. Dabei ist das Problem keineswegs unbekannt. Die Sinclair-Konkurrenz schweigt merkwürdigerweise grösstenteils zu dieser problematischen Entwicklung, doch Comedian John Oliver berichtete schon letzten Sommer über das Medienimperium.

John Oliver über das Sinclair-Medienimperium

Aber auch in der «PBS News Hour» war Sinclair schon ein Thema.

Das Sinclair-Imperium in der «PBS News Hour»

Ein Backlash in den (Sozialen) Medien bleibt bisher noch aus. Diverse kleinere Online-Newsseiten haben bereits darüber berichtet, wie beispielsweise «Uproxx», «Variety» und «New York Magazine». Und der Talkshow-Host Jimmy Kimmel konnte sich eine Bemerkung auf Twitter nicht verkneifen.

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