Bundesrat

Bundesrat: Volksmehr für EU-Verträge soll genügen

Laut dem Bundesrat soll die Zustimmung zu den EU-Verträgen nicht vom Ständemehr abhängen. Das letzte Wort hat aber das Parlament.

Ignazio Cassis
Bundesrat Ignazio Cassis spricht an einer Medienkonferenz über das Paket Schweiz-EU. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat spricht sich beim EU-Deal für ein fakultatives Referendum aus.
  • Das heisst: Ein einfaches Volksmehr würde genügen – das Ständemehr wäre nicht nötig.
  • Nun liegt der Ball aber wieder beim Parlament.

Nach Ansicht des Bundesrats soll lediglich das Volk über die neuen EU-Verträge befinden können. Ein Ständemehr ist gemäss dem Aussendepartement nicht nötig.

Der Bundesrat hat sich am Mittwoch für das fakultative Referendum ausgesprochen. Der Bundesrat sprach sich am Mittwoch für das fakultative Referendum aus, wie er mitteilte. Zu diesem Schluss sei er nach einer juristischen Prüfung sowie Gesprächen mit den Kantonen und den aussenpolitischen Kommissionen gekommen.

Paket wird in vier Teilen vorgelegt

Das letzte Wort hat aber das Parlament. Das Vertragspaket werde er dem Parlament in vier separaten, referendumsfähigen Bundesbeschlüssen vorlegen: einen für die Stabilisierung der bilateralen Beziehungen und drei für die Weiterentwicklung in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Strom und Gesundheit. Gemäss dem Bundesrat respektiert dieses Vorgehen den verfassungsmässigen Grundsatz der Einheit der Materie.

Befürwortest du die neuen EU-Verträge?

Diese Vorgehensweise entspreche der bisherigen Praxis bei den Bilateralen I und II, hiess es weiter. Die Landesregierung sei der Ansicht, dass insbesondere das Schengen/Dublin-Abkommen eine weitergehende dynamische Rechtsübernahme als die heutigen Paketabkommen vorgesehen habe.

Die grundsätzliche Frage eines obligatorischen Staatsvertragsreferendums in nicht ausdrücklichen Fällen (sui generis) bleibe durch den Entscheid des Bundesrats unberührt. Laut Communiqué wird das Parlament im Rahmen seiner Beratung abschliessend über die Frage des einfachen oder doppelten Mehr befinden.

SVP reagiert schockiert

Zuvor hatte sich bereits die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats für ein fakultatives Referendum ausgesprochen. Man stützt sich dabei auf eine Analyse des Bundesamts für Justiz. Rechtlich gebe es keine Grundlage für ein obligatorisches Referendum mit Ständemehr.

Die SVP zeigt sich in einer ersten Reaktion auf den Bundesratsentscheid schockiert. Damit werde die direkte Demokratie ausgehebelt, moniert Fraktionschef Thomas Aeschi auf X.

Zudem listete er auf, dass die Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider (SP) Ignazio Cassis (FDP), Beat Jans (SP) und Martin Pfister (Mitte) für das alleinige Volksmehr gestimmt hätten. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP) sowie die SVP-Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti hätten sich dem widersetzt. Abstimmungen im Bundesrat sind eigentlich geheim.

Ähnlich äussert sich die SVP später in einer offiziellen Medienmitteilung. «Der Bundesrat will dem Volk das Stimmrecht entziehen!», klagt die Sünneli-Partei.

Linksgrün begrüsst Bundesratsentscheid

Die Grünen begrüssen den bundesrätlichen Entscheid dagegen, wie die Partei in einer Mitteilung schreibt. «Die Verfassung ist eindeutig – ein obligatorisches Referendum ist hier nicht vorgesehen», wird Nationalrätin Sibel Arslan zitiert. Es sei gut, dass sich der Bundesrat dem «rechtspopulistischen Angriff der SVP auf den Rechtsstaat» entgegenstelle.

Positives Feedback bekommt der Bundesrat auch aus den Reihen der SP. Namentlich von Nationalrat Eric Nussbaumer.

Alle bisherigen Verträge mit der EU waren in der Schweiz bei der eidgenössischen Abstimmung lediglich dem Volksmehr unterstellt, hält der Aussenpolitiker fest. Die Behauptung, ein Ständemehr sei nötig, sei eine Erfindung der Gegner.

Grünliberale und Mitte unterstützen Bundesrat ebenfalls

Für die grünliberale Partei schrieb Fraktionspräsidentin und Nationalrätin Corina Gredig auf X, der Bundesrat halte Kurs, und das sei richtig. Das fakultative Referendum wahre die Linie der bisherigen Europapolitik. Ein sachlicher Entscheid im Interesse von Sicherheit, Wohlstand und Verlässlichkeit sei gefragt.

Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter hielt auf X fest, die Landesregierung setze auf Kontinuität und Kohärenz. Zudem bleibe der Spielraum für Parlament und Kantone erhalten.

Klar ist: Die EU-Verträge werden so oder so vors Volk kommen. Letztlich wird also die Bevölkerung darüber entscheiden.

Kommentare

User #3817 (nicht angemeldet)

Warum lernt niemand aus der Vergangenheit? Nachdem der EWR abgelehnt wurde, hat die Regierung uns mitgeteilt dass wir nach fünf Jahren die EG auf den Knien bitten würden, uns aufzunehmen. Der CHF würde zerfallen bis zur Parität mit der DM. Wie immer ist genau das Gegenteil eingetroffen: Das BIP der Schweiz ist seit 1992 um 71% gewachsen, dasjenige der EU um 65%. Als 2002 die Bilateralen in Kraft traten, ging 57% des Schweizer Exports in die EU. 2023 waren es noch 40%. Fazit: Wir brauchen kein Schengen, Bilaterale oder Rahmenverträge. Die ganze Welt treibt blühenden Handel mit der EU OHNE sich dem Diktat des bürokratischen Molochs zu unterwerfen. Und dann das lächerliche Argument «Wir brauchen die ausländischen Arbeitskräfte». Sicher, aber was hindert uns daran, individuelle Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen je nach Bedarf zu erteilen? Die Arbeitswilligen kommen gerne und wenn’s halt schlechter geht, müssen sie wieder gehen. Hat man übrigens beim grounding der Swissair auch so gemacht. 50% der Crossair Piloten waren Ausländer und als der Bedarf nicht mehr vorhanden war, wurde auch die Bewilligungen entzogen (was übrigens die ganze Welt so macht…)

User #2533 (nicht angemeldet)

Das Problem ist dass wieder einmal fast der gesamte Politzirkus in Bern für diese indianerreservatsberträge ist. Wie werden einmal mehr brandschwarz angelogen. Da hilft wohl nur eines. Das Volkund die Stände müssen Via Annahme der Kompass Initiative die hochkorrupten Politiker in die Schranken weisen.

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