Jeder Dritte hat nachts Angst im ÖV – Furcht vor Kriminalität wächst

Die Kriminalität in der Schweiz geht zwar zurück – die Angst davor steigt trotzdem. Jeder Dritte hat in der Nacht Angst im ÖV.

Jeder Dritte hat in der Nacht Angst im ÖV. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit 2012 geht die Kriminalität in der Schweiz de facto zurück.
  • Trotzdem wird die Furcht davor grösser, wie eine Umfrage der ZHAW zeigt.
  • Private Fernsehsender und rechte Parteien verstärken die Furcht vor Kriminalität.

Seit 2012 geht die Kriminalität in der Schweiz de facto zurück. Aber über die Hälfte der Bevölkerung befürchtet das Gegenteil. Jedem Dritten wirds nachts mulmig in öffentlichen Verkehrsmitteln und jeder Sechste trägt Pfefferspray oder andere Abwehrwaffen mit sich.

An den unmittelbaren Erfahrungen kann es nicht liegen: Nur ein verschwindender Prozentsatz der Befragten ist in den zwölf Monaten vor der Umfrage mit Verbrechen in Berührung gekommen: 6 Prozent wurden bestohlen, 2,1 Prozent körperlich verletzt, 0,4 Prozent beraubt, 0,2 Prozent vergewaltigt.

Sachbeschädigung und Cyberkriminalität am häufigsten

Über ein Zehntel war von Sachbeschädigung betroffen, 11,5 Prozent von Cyberkriminalität, dem Spitzenreiter bei den Auskunftspersonen.

11,5 Prozent der Befragten waren in den zwölf Monaten vor der Befragung von Cyberkriminalität betroffen. (Symbolbild) - Keystone

Das geht aus einer Befragung über Kriminalitätsopfererfahrungen und Kriminalitätswahrnehmung hervor, welche die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) durchführte.

Über 2000 Personen beantworteten Fragen

Im Frühjahr 2018 verschickten die Forscher um Studienleiter Dirk Baier 10'000 Fragebögen. An zufällig ausgewählte erwachsene Frauen und Männer in der Schweiz. 2111 Leute füllten das Dokument aus – laut Mitteilung der ZHAW vom Freitag eine übliche Rücklaufquote.

Warum verkennen über 50 Prozent der Bevölkerung die Tatsache, dass die Schweiz sicherer geworden ist? Die wichtigsten Einflussfaktoren sind gemäss den Studienautoren Medienkonsum und politische Einstellung.

Privatsender und rechte Parteien führen zu mehr Angst

Häufiger Konsum privater Fernsehsender verstärkt die Furcht, der Konsum von überregionalen Tageszeitungen reduziert sie, haben die Forscher herausgefunden.

Geschürt werden Ängste vor Verbrechen auch von rechten Parteien: «Je weiter rechts sich Befragte verorten, umso eher sind sie der Meinung, dass Kriminalität ein Problem ist. Und umso eher werden höhere Strafen gefordert», lässt sich Baier im Communiqué zitieren.

Umstrittene Plakate der Schweizerischen Volkspartei (SVP) aus dem Jahr 2007. - Keystone

Die Abwehrhaltung geht dabei häufig über das übliche Mass an Misstrauen hinaus: Unter den Bevölkerungsgruppen, denen am ehesten Böses unterstellt wird, stehen Ausländer an erster Stelle.

Mehr als jeder Zehnte homophob

51,9 Prozent der Befragten finden, in der Schweiz lebten zu viele Menschen aus anderen Herkunftsländern. 27,9 Prozent der Auskunftspersonen sind sogar der Meinung, Muslimen sollte die Zuwanderung in die Schweiz untersagt werden. Und 12 Prozent bekennen sich offen zur Homophobie.

Ein erstaunlich hoher Prozentsatz der Befragten sprach sich für die Legalisierung von Rauschmitteln aus: 54,1 Prozent fanden, Kiffen sei legal, 23,8 Prozent waren der Meinung, auch Kokainkonsum sollte erlaubt sein.

Über die Hälfte der Befragten fand, Cannabis sollte legal sein. (Symbolbild) - Keystone