Ukraine-Krieg: Russische Gräueltaten in Charkiw kommen ans Licht

In Charkiw wurden zuletzt zahlreiche Folterkammern gefunden. Nun ist klar, dass es sich um weitere Kriegsverbrechen der Russen im Ukraine-Krieg handelt.

Ukraine-Krieg: Ein Kindergarten in der Nähe von Isjum, der von der russischen Armee überfallen wurde. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Region Charkiw fanden die ukrainischen Behörden zahlreiche Folterkammern.
  • Ein Überlebender berichtet nun von den Gräueltaten der Russen.
  • Für die Polizei handelt es sich um mindestens so schlimme Taten wie jene in Butscha.

Die ukrainische Kleinstadt Butscha wurde im Ukraine-Krieg zum Symbol für die Brutalität der russischen Armee. Nach deren Rückzug entdeckte man mehrere hundert Leichen in Massengräbern, womit Russland schwerwiegende Kriegsverbrechen begangen hatte.

Die russischen Gräueltaten in Butscha sollten aber nur der Anfang einer Serie von brutalen Morden an Zivilisten sein. In Isjum in der Region Charkiw wurden im September Dutzende Leichen mit Folterspuren gefunden.

Einer, der die Folterkammern der Russen überlebte, ist Andrij Kozar. In seinen 26 Tagen in russischer Gefangenschaft erlebte der Ukrainer viele schreckliche Momente. Kozar spricht von Strom- und Hammerschlägen und von Schlägen mit Händen und Füssen, wie die Tamedia-Medien berichten.

Überlebende berichten von den Folterungen durch die russischen Soldaten im Ukraine-Krieg. - Keystone

«Sie waren nie weniger als fünf Mann», erinnert er sich. Als sie ihn mit 16 anderen in einer Garage festhielten, hörte er aus einer anderen Garage Frauen: «Sie weinten, sie schrien, sie stöhnten, es klang wie Vergewaltigungen – und wir konnten nichts tun.»

Die meisten Gefangenen seien laut Kozar Zivilisten gewesen, ihre Festnahmen reine Willkür. Einige seien festgenommen worden, weil sie sich gegen eine Hausdurchsuchung wehrten oder ihr Handy nicht abgeben wollten.

Ukraine-Krieg: «Das ist Butscha mal drei, vier oder fünf»

Seine Beobachtungen decken sich mit den ukrainischen Behörden: Mehr als 20 Folterkammern soll es im Gebiet Charkiw während der russischen Besetzung gegeben haben.

Eine Folterkammer der russischen Streitkräfte in Isjum. - Keystone

Der ukrainischen Polizei sind Opfer bekannt, die nach Russland verschleppt und später als Geiseln eingetauscht wurden. Andere wurden erst gefoltert und dann getötet. Im Gebiet Charkiw habe man inzwischen 732 Leichen exhumiert, sagen die Behörden.

Von den 572 Zivilisten seien etwa die Hälfte Männer und Frauen gewesen. Hinzu kommen 20 Kinder und 13 Körper, die man nicht mehr habe identifizieren können. Die Polizei geht davon aus, dass erst die Hälfte aller Leichen in Charkiw geborgen werden konnte.

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Haben die Menschen in Charkiw im Ukraine-Krieg Schlimmeres erlebt als die in Butscha? «Butscha war nur kurze Zeit besetzt. Die Besetzung im Bezirk Charkiw dauerte ein halbes Jahr. Was wir hier sehen, ist Butscha mal drei, vier oder fünf», so der dortige Polizeichef.