Zu Besuch in der Uhrmacherstadt La Chaux-de-Fonds

Die Uhrmacherstadt La Chaux-de-Fonds ist eine Reissbrettstadt, deren Strassen parallel und rechtwinklig verlaufen. Dafür gibt es handfeste Gründe.

Auch ein Blick zum Himmel lohnt sich bei einem Stadtrundgang durch La Chaux-de-Fonds. Jugendstil, wohin man schaut. - Regula Zellweger

Das Wichtigste in Kürze

  • La Chaux-de-Fonds wurde für Uhrmacher gebaut.
  • Der Erfolg der Stadt als Uhrenmetropole gründet auch auf religiösen Flüchtlingen.
  • Es finden sich attraktive Elemente des Jugendstils.
  • Le Corbusier löste sich hier in jungen Jahren vom Jugendstil und ging eigene Wege.

Die Architektur in der Stadt La Chaux-de-Fonds ist direkt verbunden mit der Uhrmacherei. Die Stadt wurde am Reissbrett entworfen. Es fällt auf, dass die Strassen parallel und rechtwinklig verlaufen.

Das hat gute Gründe: Brandprofilaxe und die gleichmässige Verfügbarkeit von Tageslicht in allen Werkstätten. Die Häuser wurden für eine gemischte Nutzung von Industrie, produzierendem Gewerbe und Wohnungen gebaut.

Am Erfolg der Uhrenindustrie hatten auch religiöse Flüchtlinge ihren Anteil. Hugenotten, die ab 1550 nach Genf kamen, brachten grosses Fachwissen mit. Die Produktion von kleineren, tragbaren Uhren verlagerte sich später von Genf in den Jura.

Eine der höchstgelegenen Städte Europas

Vor allem im Kanton Bern wurden die Täufer, später Mennoniten, brutal verfolgt. Viele siedelten sich im Jura an, da der Fürstbischof von Basel ihnen nach der Vertreibung aus dem Emmental die Ansiedlung in Regionen auf über 1000 Metern gestattete.

Und La-Chaux-de–Fonds ist eine der höchstgelegenen Städte Europas auf einer Höhe von rund 1000 Meter über Meer.

In La Chaux-de-Fonds findet man in vielen Gebäuden Treppenhäuser im Jugendstil. - Regula Zellweger

Am Aufschwung und der Modernisierung der Uhrenindustrie im Jura und vor allem in La Chaux-de-Fonds hatten zudem jüdische, aus dem Elsass zugewanderte Uhrenfabrikanten einen massgeblichen Anteil.

Eine der grössten Synagogen der Schweiz wurde vor rund 125 Jahren in La Chaux-de-Fonds erbaut.

Dekorative Elemente

La Chaux-de-Fonds liegt zwar im Hochjura, war aber früh durch die Einflüsse der Uhrenindustrie und des Uhrenhandels urban und weltoffen.

Die Stadt gilt heute als wichtiges Zentrum des Jugendstils in der Schweiz. Subtil in die Bauwerke eingearbeitete dekorative Elemente dieses Stils lassen sich vielerorts in La Chaux-de-Fonds entdecken.

Die Haustüren zu solchen Treppenhäusern sind in La Chaux-de-Fonds nicht verschlossen. Einfach eintreten, staunen und geniessen. - Regula Zellweger

Erkennt man, dass ein Mehrfamilienhaus im Jugendstil gebaut wurde und öffnet die Haustüre, staunt man zuerst, dass sie offen ist und danach über die herrlichen Treppenhäuser.

«Nur die Natur inspiriert»

1887 wurde Charles-Édouard Jeanneret-Gris geboren als Sohn eines Emaillierers von Ziffernblättern mit eigener Werkstatt in La Chaux-de-Fonds. Bereits 1867 unterschied man in La Chaux-de-Fonds 54 verschiedene Uhrmacherberufe.

Auch Jeanneret wählte einen Beruf in der Uhrenindustrie. Er begann 1900 eine Ausbildung zum Graveur und Ziseleur an der Kunstgewerbeschule, wechselte dann aber zur Architektur.

In La Chaux-de-Fonds führte Jeanneret 1905 erste architektonische Arbeiten aus: die Villa Fallet, inspiriert von seinem Lehrer Charles L’Eplattenier. «Nur die Natur inspiriert» war dessen Leitmotiv.

Für seine Eltern baute Charles-Édouard Jeanneret-Gris dieses weisse Haus. Er nannte sich später Le Corbusier. - Regula Zellweger

Er schuf den «Tannenstil», der Elemente aus der Natur im Jura aufnimmt. In diesem Stil wurden auch Uhrgehäuse, Möbel oder Dekorationen an Bauten ausgeführt.

Später lehnte Jeanneret Verzierung und Dekoration als Selbstzweck ab: «Das Haus ist eine Maschine zum Wohnen.»

Die Villa Jeanneret-Perret, La Maison Blanche genannt, ist der erste ganz von Charles-Edouard Jeanneret realisierte Bau. Sie wurde 1912 für seine Eltern in La Chaux-de-Fonds gebaut.

Sie steht heute im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeutung. Den Architekten kennt man ab 1920 unter dem Namen Le Corbusier.

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Artikel verfasst von: Elisha Nicolas Schuetz, Tourismus Lifestyle Verlag