Vielfahrer: Wie ihr Auto Sie krank macht
Viele Statistiken definieren diese Gruppe oft ab einer jährlichen Fahrleistung von 31.000 Kilometern. Gehören Sie dazu?

Das Autofahren birgt neben den bekannten Unfallgefahren zahlreiche weitere Risiken, die die Gesundheit von Fahrern und Insassen bedrohen.
Denn: Während das Fahren für viele eine alltägliche und routinierte Tätigkeit darstellt, wird die kumulative Belastung, die es für Körper und Psyche darstellt, häufig unterschätzt.
Muskuloskelettale Beschwerden: Vom Nacken bis zur Bandscheibe
Langes, statisches Sitzen im Auto ist eine der Hauptursachen für Beschwerden des Bewegungsapparates. Die einseitige, starre Haltung, oft über Stunden beibehalten, führt zu einer Überbelastung der Wirbelsäule und der umgebenden Muskulatur.
Hinzu kommen ständige Vibrationen und Mikrobewegungen, die die Bandscheiben kontinuierlich strapazieren. Rückenschmerzen sind ein häufiges Problem und werden hauptsächlich durch eine falsche Sitzposition verursacht, die die natürliche S-Form der Wirbelsäule nicht unterstützt und die Bandscheiben übermässig belastet.

Fehlende Bewegung führt zudem zu einer Minderung der Nährstoffversorgung der Bandscheiben, was sie anfälliger für Verschleiss macht. Um Verspannungen entgegenzuwirken, ist es entscheidend, ausgeruht in die Fahrt zu starten und die Muskulatur vorab durch Lockerungsübungen zu aktivieren.
Nacken- und Schulterverspannungen
Nacken- und Schulterverspannungen sind ebenfalls weit verbreitet, insbesondere aufgrund der sogenannten «Handy-Haltung», die auch im Auto eingenommen wird, wenn der Kopf nach vorne geneigt ist.
Eine nach vorne geneigte, starre Haltung der Halswirbelsäule kann deren Muskulatur bis zu fünfmal mehr belasten als eine aufrechte Haltung. Diese chronische Überbelastung führt zur Verhärtung der Muskulatur und kann zu ernsthaften Folgen wie Spannungskopfschmerzen oder einem HWS-Syndrom führen.
Vaskuläre Probleme: Die Gefahr von Venenleiden und Reisethrombose
Die Immobilität während langer Autofahrten verlangsamt den Blutfluss, speziell in den Beinen. Wenn das Blutvolumen durch mangelnde Flüssigkeitsaufnahme und Schwitzen weiter abnimmt, verdickt sich das Blut zusätzlich, was die Bildung von Blutgerinnseln, einer sogenannten Reisethrombose, begünstigt.
Obwohl das allgemeine Risiko für gesunde Menschen eher gering ist, sind bestimmte Risikogruppen besonders gefährdet. Dazu gehören Menschen mit Übergewicht, einer familiären Vorbelastung für Venenerkrankungen, vorangegangenen Venenthrombosen oder frisch operierte Personen.
Das Risiko steigt mit der Dauer der ununterbrochenen Fahrt. Bei gesunden Reisenden ist es bei Fahrten unter vier Stunden jedoch selten. Eine korrekte Sitzeinstellung, bei der die Sitzfläche drei Fingerbreit vor der Kniekehle endet, ist entscheidend, um eine gute Blutzirkulation zu ermöglichen.
Die schleichende Gefahr: Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Sekundenschlaf
Müdigkeit am Steuer ist eine der am meisten unterschätzten Gefahren. Studien belegen, dass in der Schweiz 10 % bis 20 % aller Verkehrsunfälle auf Müdigkeit zurückzuführen sind. Im Transportgewerbe Schätzungen sogar bei 20 % bis 40 % liegen.
Ein Sekundenschlaf von fünf Sekunden kann bei einer Autobahngeschwindigkeit von 130 km/h dazu führen, dass das Fahrzeug über 180 Meter im «Blindflug» zurücklegt. Die grösste Herausforderung ist die gefährliche Selbstüberschätzung.

Fast 85 % der Befragten glauben, den Zeitpunkt des Einschlafens vorhersehen zu können. Fahrsimulatortests, bei denen das Gehirn von Probanden mit einem EEG überwacht wurde, widerlegen diese Annahme eindrücklich.
Chronischer Stress: Die Alarmsirene des Körpers
Der Fahralltag, insbesondere bei Vielfahrern, ist von einer Vielzahl von Stressoren geprägt. Stau, Zeitdruck, dichtes Verkehrsaufkommen und Lärm sind typische Auslöser.
Für Berufskraftfahrer kommen weitere Faktoren hinzu, wie lange Arbeitstage, geringe Eigenkontrolle über die Arbeitsabläufe und fehlende Anerkennung. Dauerstress versetzt den Körper in eine andauernde Alarmbereitschaft, was sich negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit auswirkt.

Der Körper reagiert mit der Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol, die Puls und Blutdruck steigen lassen. Dies kann auf Dauer zu psychosomatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen, Magenschmerzen und sogar Bluthochdruck führen.
Psychologische Folgen: Burnout-Risiko und Fahrangst (Amaxophobie)
Anhaltender Stress kann das körpereigene Stresssystem überfordern und zu einer Erschöpfungsphase führen, die oft in einem Cortisol-Mangel und extremer Müdigkeit resultiert. Bei Berufsfahrern wird dieser Prozess durch Schichtarbeit und schlechte Schlafbedingungen, oft auf überfüllten und lauten Parkplätzen, noch beschleunigt.
Dieser Zustand der psychischen und physischen Erschöpfung wird als Burnout bezeichnet. Chronischer Stress, der durch die Belastung beim Fahren verursacht wird, kann sich dabei in einigen Fällen sogar in einer Fahrangst (Amaxophobie) manifestieren.