Spitzenschwinger Curdin Orlik (27) outete sich letzte Woche als schwul. Manuela D. (48) aus Zürich hat ein Déjà-vu: Auch ihr Partner und Kindsvater outete sich.
Curdin Orlik
Curdin Orlik im August 2019 am Eidg. Schwinger- und Älplerfest in Zug. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bündner Schwinger Curdin Orlik ist schwul.
  • Der 27-Jährige hat sich im «Magazin» öffentlich geoutet.
  • Orlik ist auch Vater eines 4-jährigen Sohnes.

Spitzenschwinger Curdin Orlik (27) outete sich letzte Woche als schwul. Die Reaktionen sind bisher mehrheitlich positiv.

Orlik hat einen vierjährigen Sohn. Dieser sei ein mit ein Grund, dass er sich geoutet habe, sagte Orlik. Die Mutter seines Sohnes ist kein Thema.

Die Zürcherin Manuela D.* (48) hatte beim Coming-Out des Spitzenschwingers ein Déjà-vu. Die Mutter zweier Kinder erlebte das Gleiche. «Es war der Horror», sagt Manuela D. «Wir galten als ein Vorzeige-Paar.»

Zehn Jahre lang ist Manuela D. mit ihren Ex-Mann zusammen, dann heiratet das Paar. Drei Jahre später kommt das erste Kind zur Welt. «Mein Ex-Mann und ich hatten nie Streit und eine tolle Beziehung.»

Als das zweite Kind in den Kindergarten kommt, arbeitet Manuela D. wieder Teilzeit. Sie ist weiter die Mutter einer Vorzeigefamilie.

Doch dann bricht die ganze Fassade brutal zusammen.

Manuela D. entdeckt auf dem Computer ihres Mannes per Zufall eine Schwulen-Dating-Seite. Als ihr Mann nach Hause kommt, stellt sie ihn zur Rede.

«Er sagte, er wisse es schon lange. Ich konnte nicht verstehen, wieso er sein ganzes Leben auf einer einzigen Lüge aufgebaut hatte.»

Zwei schwule Männer
Zwei schwule Männer halten sich einem Gay-Festival an den Händen. - Keystone

Das Paar wohnt dann ein paar Monate unter dem gleichen Dach. Dann zieht der Vater ihrer Kinder aus.

Manuela D. hat nur einen Gedanken: «Wie blöd bin ich eigentlich, dass ich all die Jahre nichts merkte? Man fängt sogar an, die Schuld bei sich selber zu suchen.»

Manuela D. geht durch ein Wechselbad der Gefühle: «Zuerst war ich schockiert, dann überkam mich eine grosse Trauer, schliesslich war ich wütend.»

Vater sagte es den Kindern direkt

Sie sorgt sich auch um ihre Kinder: «Ich fragte mich, wie ich meine Kinder vor dummen Sprüchen in der Schule schützen kann.»

Der Vater sagt es schliesslich seinen Kindern. Manuela D. wollte dann auch ihre Eltern über die Trennung informieren. «Meine Eltern reagierten zum Glück verständnisvoll.»

Sie findet schliesslich im Internet eine Frauen-Gruppe mit gleichem Schicksal. Sie trifft ein paar von ihnen. «Die Gespräche haben mir sehr geholfen. Ich brauchte jemanden, der das Gleiche erlebte.»

Manuela D. hat ihrem Ex-Mann mittlerweile vergeben.

Sie schämt sich auch nicht mehr, dass sie während Jahren nicht merkte, dass der Vater ihrer Kinder schwul ist. «Es gab keinen einzigen Grund, unsere Beziehung zu hinterfragen», sagt sie.

Heute ist die Familie von Manuela D. wieder eine Art Vorzeige-Beispiel. «Mein Ex-Mann ist der beste Vater, den man sich vorstellen kann», sagt sie.

Ein Wermutstropfen bleibt aber. «Es wissen auch heute nur wenige, dass mein Ex-Mann schwul ist. Es ist leider weiterhin ein Tabu-Thema in unserer Gesellschaft.»

Manuela D. stört sich daran, dass Superschwinger Curdin Orlik jetzt nach seinem Outing quasi als «Held» dasteht. «Die Mutter seines Sohnes ist kein Thema. Hoffentlich hat er sich bei seiner Frau entschuldigt.»

An die Ex-Frau von Orlik denke in dieser Situation wohl keiner. «Ihre Situation wird wohl noch viel schlimmer sein, als es damals bei mir gewesen ist. Ich hoffe, sie wird in dieser schwierigen Zeit auch viel Solidarität erfahren. Es geht hier nämlich nicht nur um Curdin Orlik

*Name geändert

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