Die Formel 1 ist nach dem Tod von Anthoine Hubert in Schockstarre. Aber hinter den Kulissen läuft bereits ein vielleicht lebensrettender Prozess an.
Juan Manuel Correa
Das völlig zerstörte Auto von Anthoine Hubert nach dem Crash mit Juan Manuel Correa. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Tod von Anthoine Hubert (†22) wird für die Formel 1 nicht ohne Folgen bleiben.
  • Die neuen Regeln ab 2021 könnten mit Blick auf die Sicherheit angepasst werden.
  • Der seitliche Cockpitschutz ist bei Monoposto-Rennwagen seit jeher ein Thema.

Als die Formel 1 letztmals den Tod eines Fahrers zu betrauern hatte, dauerte es drei Jahre, ehe reagiert wurde. Als Folge des tödlichen Unfalls von Jules Bianchi in Japan 2014 wurde zur Saison 2018 der Kopfschutz «Halo» eingeführt. Die Struktur, wenn auch unansehnlich, hat sich seither mehrfach bewährt.

Anthoine Hubert konnte sie nicht retten. Der Franzose erlag am Samstag nach einem Horror-Unfall in Spa-Francorchamps seinen schweren Verletzungen. Es war einer dieser Unfälle, wie sie – hoffentlich – nur einmal passieren. Dennoch werden, während am Sonntag noch Schweigeminuten und Gedenken geplant sind, schon die Weichen für die Zukunft gestellt.

Die Formel 1 wird reagieren – weil sie muss

Denn auch wenn jetzt noch Trauer herrscht, die Formel 1 folgt der Regel «The show must go on». Das tat sie nach dem Tod von Jules Bianchi, nach dem Tod von Ayrton Senna. Die Show wird auch nach dem Tod von Anthoine Hubert weitergehen – aber verändert.

Jules Bianchi Formel 1
Der tödliche Unfall von Jules Bianchi veränderte die Formel 1 nachhaltig. - Keystone

Huberts Tod trifft die Königsklasse, weil der Unfall in seiner Tragik unvermeidbar ist. Bei Bianchi, Justin Wilson (IndyCar, 2015) oder Henry Surtees (Formel Zwei, 2009) gab es klare Ursachen. Der ungeschützte Kopf des Fahrers, ein wesentlicher Teil der Formel-Rennserien, kostete sie das Leben.

Bei Hubert ist das anders. Ihm wurde kein Rad oder Wrackteil wie bei Wilson oder Surtees zum Verhängnis. Hubert starb, weil ihn ein nachfolgender Wagen mit Höchstgeschwindigkeit direkt am Cockpit traf. Ein Einschlag nur einen Meter weiter vorne oder hinten, und Hubert hätte vielleicht überlebt.

Werden die Regeln für 2021 überarbeitet?

Die Frage, die sich stellt – vor allem im Hinblick auf die neuen Formel-1-Regeln ab 2021 – ist simpel. Gibt es eine Möglichkeit, den Schutz des Fahrers vor seitlichen Einschlägen zu verbessern? Braucht es massivere Crash-Strukturen links und rechts des Cockpits?

Formel 1 2021
So sollen die Autos in der Formel 1 ab 2021 aussehen. - Formel 1

Ein Zitat des im Mai verstorbenen dreifachen Formel-1-Weltmeisters Niki Lauda beschreibt das Problem. «Es kommt der Tag, da holen sie einen toten Fahrer aus einem unversehrten Auto», sagte die österreichische Ikone einmal. Was er meinte: Die Autos in der Formel 1 werden immer sicherer, aber der menschliche Körper hat Grenzen.

Ein Einschlag wie jener von Juan-Manuel Correa ins Auto von Anthoine Hubert bringt den Körper an diese Grenzen. Huberts Auto war beinahe zum Stillstand gekommen, Correa schlug mit gut 200 km/h seitlich ein. Die Kräfte, die auf Huberts Körper wirkten, waren verheerend.

Sicherheitsbedenken auch in den Nachwuchsklassen

Die FIA ermittelt, wie immer, wenn ein Rennfahrer ums Leben kommt, auch in diesem Fall. Diese Ermittlungen nach dem Tod von Jules Bianchi brachten den Halo in die Formel 1. Die Ermittlungen jetzt werden zeigen müssen, ob und unter welchen Umständen Anthoine Hubert eine Überlebenschance gehabt hätte.

Für 2020 kommen die Änderungen zu spät, die Autos für die kommende Saison der Formel 1 sind fertig entwickelt. Aber 2021 plant die Königsklasse umfassende Regeländerungen. Es ist nicht auszuschliessen, dass verbesserter Aufprallschutz seitlich des Cockpits nun ein Thema wird.

EuroFormula Open Formel 3
Das neue EuroFormula-Open-Auto von Dallara verfügt wurde erst vor kurzem präsentiert. - Twitter/@FormulaScout

Auch unterhalb der Formel 1 wird man sich über dieses Thema Gedanken machen. Die nächste Generation der Formel-2-Autos von Dallara ist nicht vor 2023 geplant, könnte aber vorgezogen werden. Und auch für andere Nachwuchsserien, von der Formel 3 abwärts, wird zumindest über mögliche Verbesserungen diskutiert werden.

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