Wenige Tage vor dem Grand Prix von Grossbritannien verkündete der Haas-F1-Sponsor Rich Energy auf Twitter das Ende der Partnerschaft mit dem Formel 1 Team.
Haas Formel 1 Sponsor
Schon bei den vergangenen Rennen der Formel 1 in Frankreich und Österreich war das umstrittene Logo von Rich Energy vom Haas-Renner verschwunden. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kurz vor dem Silverstone-GP kündigt Rich Energy den Sponsor-Vertrag mit Haas F1 per Tweet.
  • Der Energy-Drink-Hersteller ist in Grossbritannien in einen Copyright-Skandal verwickelt.
  • Für das US-Team könnte das Ende der Partnerschaft aber ganz neue Türen öffnen.

Die kuriose Posse rund um den zweifelhaften Haas-F1-Sponsor Rich Energy ist um ein – womöglich finales – Kapitel reicher. Am Mittwoch verkündete der englische Energy-Drink-Hersteller das Ende der Partnerschaft mit dem US-Team in der Formel 1. Rich Energy ist auch Sponsor der West-Ham-Frauen und damit der Nati-Spielerin Alisha Lehmann.

Das Ende der Partnerschaft wurde in einem formlosen Tweet mitgeteilt, der auch noch gegen das Team schoss.

«Heute hat Rich Energy den Vertrag mit dem Haas F1 Team wegen schlechter Leistungen aufgelöst. Wir wollen Red Bull schlagen, und in Österreich hinter Williams zu sein ist inakzeptabel. Ausserdem schaden die Politik und Political-Correctness-Einstellung in der Formel 1 unserem Geschäft. Wir wünschen dem Team alles Gute.»

Mehr als 16 Stunden nach dem Rich-Energy-Tweet gibt es vom betroffenen Haas-Team immer noch keine Stellungnahme. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass man vom Ende der Partnerschaft allzu betroffen ist.

Vernichtendes Urteil im Rechtsstreit

Seit Anfang des Jahres ist Rich Energy in einen Rechtsstreit mit dem britischen Fahrradhersteller Whyte Bikes verwickelt. Dabei geht es um das Logo des Energy-Drink-Herstellers, das eine frappierende Ähnlichkeit mit dem von Whyte aufweist. Ein britisches Gericht urteilte Mitte Mai, dass es sich um eine Urheberrechtsverletzung handle. Vor wenigen Tagen wurde nun eine Berufung von Rich Energy abgewiesen.

Vernichtend fällt vor allem das Ersturteil von Richterin Melissa Clarke über Rich-Energy-Boss William Storey aus. Der Engländer mit dem auffälligen Bart habe eine Tendenz, überzogene und verzerrte Darstellungen der Realität hinauszuposaunen. «Oft antwortete er nicht direkt auf Fragen, sondern zog es vor, über seine Vision zu sprechen», heisst es im Urteil.

Das Gericht befand Storey zudem für schuldig, im Streit um das Logo seines Unternehmens Beweise gefälscht zu haben. Storey hatte Entwürfe und Designvorschläge vorgelegt, die die Entwicklung des eigenen Logos dokumentieren sollten. Meta-Daten in den digitalen Dokumenten belegten jedoch, dass deren Entstehung nach dem Beginn des Verfahrens zu datieren war.

Im Berufungsverfahren wurde zudem bestätigt, dass Rich Energy seine Finanzen offenlegen muss. Das soll vor allem dazu dienen, die ursprüngliche Behauptung, man habe 90 Millionen Dosen produziert, zu überprüfen. Aber auch die an das Haas-Team in der Formel 1 geflossenen Gelder würden dadurch öffentlich. Vermutlich, um das zu verhindern, sollte nun der Vertrag gekündigt werden.

Wackelt Haas' Zukunft in der Formel 1?

Leidtragender in der ganzen Posse ist zweifellos das Haas-Team. Das Ende der Partnerschaft mit Rich Energy reisst vermutlich ein Loch von mehreren Millionen Dollar ins Jahresbudget. Geld, das bei einem jungen Team wie der US-Truppe bitter benötigt wird.

Zumindest in Silverstone geht man deshalb – auch für einen möglichen bevorstehenden Rechtsstreit – kein Risiko ein. Nach wie vor ist der Rich-Energy-Schriftzug auf der Hospitality zu sehen. Gut möglich, dass man zumindest den eigenen Teil des Vertrages nach wie vor erfüllen möchte. Oder es blieb schlicht zu wenig Zeit, um das Logo noch zu entfernen.

Teamchef Günther Steiner beteuert zudem, dass es offiziell nichts zu vermelden gibt. «Rich Energy ist aktuell der Hauptsponsor von Haas F1. Ich kann zu vertraglichen Angelegenheiten zwischen den beiden Parteien aus Vertraulichkeitsgründen nichts sagen.»

Die Investoren hinter Rich Energy wussten offenbar ebenfalls nichts von ihrem Glück. Laut «motorsport.com» sollen die nicht näher bekannten Geldgeber hinter den Kulissen versuchen, den Vertrag zu retten.

Mittelfristig muss sich das US-Team wohl trotzdem einen neuen Sponsor suchen – besser früher als später. Vermutlich wird man zumindest vorerst auf den Team-Auftritt aus den letzten Jahren zurückgreifen. Damals dominierten die Unternehmensfarben des Maschinenherstellers Haas, der Firma des Teamgründers und Namensgebers Gene Haas.

Haas könnte bald zu Maserati werden

Auf lange Sicht öffnet das unrühmliche Ende der Partnerschaft aber die Tür für eine fast schon vergessene Vision. Denn der im Vorjahr verstorbene Sergio Marchionne wollte neben Alfa Romeo auch Maserati wieder in die Formel 1 zurückbringen. Mit Alfa gelang ihm das bei Sauber, Haas entschied sich jedoch für Rich Energy.

Nun könnte der letzte grosse Coup von Marchionne doch noch Wirklichkeit werden. Denn Haas ist ohnehin eng mit Ferrari verbunden, bezieht Antriebsstrang und viel Know-How von der Scuderia. Mangels Hauptsponsor könnte deshalb bald das prägnante Blau von Maserati auf den Autos prangen.

Haas Maserati Daniel Crossman
Designer Daniel Crossman entwarf diesen klassischen blau-weissen Maserati-Look für Haas.
Haas Maserati Andy Werner
Dieser tiefblau-rote Look für den Haas-Maserati stammt von Designer Andy Werner.
Haas Maserati Sean Bull
Mehr Weiss, dunkleres Blau und auffälliges Rot – diesen Look entwarf Sean Bull für den Haas-Maserati.
Haas Maserati Daniel Crossman
Sehr amerikanisch, mit dezentem Maserati-Branding kommt dieser zweite Entwurf von Daniel Crossman daher.
Haas Maserati Davide Quagliani
Bei Davide Quagliani dominiert Weiss, das dunkle Blau von Maserati zieht sich über die Seite.
Haas Maserati Borja Sanz
So richtig amerikanisch wird es bei diesem auffälligen Design von Borja Sanz.
Haas Maserati Luca Lazzini
Ganz anders Luca Lazzini: Haas ist vollständig verschwunden, auf dem dunklen Blau prangt gross das Maserati-Branding.
Haas Maserati Alessandro Melone
Sehr auffällig ist dieses Design von Alessandro Melone. Geschickt verknüpfen sich hier die blau-weiss-roten Farben der US-Flagge mit dem Maserati-Metallic-Blau.

Für Maserati wäre es eine Rückkehr in die Königsklasse nach mehr als 60 Jahren. Und mit Ferrari und Alfa Romeo wären damit alle drei italienischen Traditionsmarken zurück in der Formel 1.

Zudem könnte eine solche Partnerschaft für den Mutterkonzern FCA nun deutlich günstiger werden als noch zu Jahresbeginn. Denn Haas wird sich auch gegen eine kleinere Millionensumme nicht sträuben. Zumal man mit sinkender Formkurve zuletzt nicht unbedingt neue Sponsoren anlockte.

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