Genau ein Jahr vor Beginn der Winterspiele 2022 in Peking werden Aufrufe zu einem Olympia-Boykott wegen Menschenrechtsverstössen in China lauter.
Das Nationalstadion in Peking,das den Spitznamen «Vogelnest» trägt. Die Olympischen Winterspiele in Peking sollen am 4. Februar 2022 eröffnet werden. Foto: -/kyodo/dpa
Das Nationalstadion in Peking,das den Spitznamen «Vogelnest» trägt. Die Olympischen Winterspiele in Peking sollen am 4. Februar 2022 eröffnet werden. Foto: -/kyodo/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • «Alles andere wird als Unterstützung der autoritären Herrschaft und der unverhohlenen Missachtung von Bürger- und Menschenrechten durch die Kommunistische Partei Chinas angesehen», hiess es in einem offenen Brief des Bündnisses.

Während die Organisatoren in der chinesischen Hauptstadt am Donnerstag den Startschuss zum 365-Tage-Countdown bis zu den Spielen gaben, forderte ein Bündnis von 180 internationalen Menschenrechtsgruppen und Vertretern von Minderheiten in China die Staatengemeinschaft auf, nicht an den Spielen teilzunehmen.

«Alles andere wird als Unterstützung der autoritären Herrschaft und der unverhohlenen Missachtung von Bürger- und Menschenrechten durch die Kommunistische Partei Chinas angesehen», hiess es in einem offenen Brief des Bündnisses. Auch sieben republikanische US-Senatoren riefen in Washington dazu auf, Peking die Spiele zu entziehen. Sie verwiesen auf die Verfolgung von Uiguren und Tibetern sowie Chinas Drohungen gegenüber Taiwan. Senator Rick Scott brachte dazu eine Resolution im Senat ein.

Chinas Aussenministerium wies die Aufrufe zurück. «Es ist höchst unverantwortlich von einigen Parteien zu versuchen, sich einzumischen und die Vorbereitungen und die Austragung der Winterspiele in Peking zu stören und zu sabotieren, um ihren eigenen politischen Zielen zu dienen», sagte Aussenamtssprecher Wang Wenbin.

Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch übte scharfe Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC). «Das IOC weiss, dass Chinas Behörden willkürlich Uiguren und andere Muslime festnehmen, die staatliche Überwachung ausweiten und zahlreiche friedliche Kritiker zum Schweigen bringen», sagte China-Direktorin Sophie Richardson.

Indem das IOC nicht öffentlich die ernsten Menschenrechtsverletzungen in China angehe, verspotte es seine eigenen Verpflichtungen und seinen Anspruch, dass Olympia eine «Kraft für das Gute» sei. Schon die Vergabe der Sommerspiele 2008 an Peking habe keine Fortschritte bei den Menschenrechten in China gebracht, sagte Richardson am Donnerstag. Vielmehr habe die Repression seither noch zugenommen.

Auf eine Journalistenfrage nach einem Boykott hatte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Jen Psaki, in Washington gesagt, sie habe «keinen neuen Stand oder keinen Ausblick auf eine Änderung unserer Position».

Indes sieht Alfons Hörmann die Aufrufe zum Boykott weiterhin skeptisch. «Irgendwelche Boykott-Aktivitäten, das hat die Vergangenheit gezeigt, bringen an dieser Stelle wenig bis nichts. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass wir diesen Weg gehen, sondern versuchen eben über unsere Aktivitäten auf diese Themen aufmerksam zu machen und auch gekonnt zu reagieren», sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes dem TV-Sender Sky Sport News.

Natürlich mache allen Sorge, was in China passiert, sagte Hörmann. «Es sind auch Themen, denen wir uns im Zuge unserer Verantwortung ernsthaft widmen», setzte er hinzu. «Die Menschenrechtsorganisationen weisen darauf hin, dass sich die Situation nach den Sommerspielen von Peking wohl offensichtlich nicht verbessert hat», sagte Hörmann. Man werde überlegen müssen, wie gekonnte Aktivitäten aussehen. «Einen Boykott der Spiele sehe ich nicht, weil darunter zuallererst die Athletinnen und Athleten leiden würden. Und ich denke, das kann und darf nicht der richtige Weg sein.»

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