Jeremy Desplanches: Trainer hätte ihm Medaille nicht zugetraut
Dass aus Jeremy Desplanches einmal ein Europameister und WM-Medaillengewinner wird, hätte noch vor fünf Jahren kaum einer gedacht. Nicht einmal sein Trainer.

Das Wichtigste in Kürze
- Jeremy Desplanches musste sich in seiner Teenager-Zeit durchbeissen.
- Selbst sein Trainer hätte nicht gedacht, dass er so schnell werden kann.
- Mittlerweile traut er Desplanches noch mehr zu als eine WM-Medaille.
2:03,90 lautete die Bestzeit des international unbekannten Schwimmers, der sich im Frühling 2014 von Genf in Richtung Côte d'Azur verabschiedete. Der damals noch eher schmächtige Teenager wollte künftig bei Olympique Nice Natation in einer international zusammengesetzten Gruppe trainieren.

Probetraining für Jeremy Desplanches
Olympiagold-Trainer Fabrice Pellerin nahm den damals 19-jährigen Jeremy Desplanches für eine Woche auf Probe in seine Elite-Trainingsgruppe auf. Das sei ein harter Schlag für sein Ego gewesen, erinnert sich der Romand.
«Ich war immerhin Schweizer Meister. Aber ich schwamm im Training allen hinterher, auch den Frauen – und zwar mit einigem Rückstand.» Doch Desplanches biss sich durch, zumal die Fortschritte sich schnell einstellten.
«Als Jeremy zu uns kam, war er ein Schwimmer mit viel Lust und Motivation. Sein sportliches Niveau war in Ordnung», erinnerte sich Pellerin im vergangenen Jahr. Sein Schützling war in Glasgow gerade sensationell Europameister geworden.

«Dachte nicht, dass er das kann»
Gleichzeitig gab der französische Erfolgstrainer im Rückblick zu, dass er Jeremy Desplanches eine solche Karriere keineswegs zugetraut hätte.
«Als ich ihn 2014 schwimmen sah, hätte ich das nicht gedacht. Dass er über die 200 Meter Lagen so schnell sein kann. Unter die zwei Minuten zu kommen und den Final an einem Grossanlass zu erreichen. Das hätte ich für ihn bereits als sehr gutes Resultat angesehen.»
Pellerin sollte sich irren – und wie. Den 1:59 kam Desplanches bereits im WM-Halbfinal 2015 in Kasan sehr nahe. Zwei Jahre später in Budapest erreichte er bereits den WM-Final – mit Zeiten von 1:57,59 bis 1:56,86.
2018 in Schottland folgte für den Genfer bereits der Titelgewinn auf kontinentaler Stufe. Nun in Südkorea resultierte in persönlicher Bestzeit von 1:56,56 mit WM-Silber der nächste Grosserfolg.

Trainer Pellerin ist entzückt über Erfolg von Jeremy Desplanches
Über Desplanches' Aufstieg und dessen Erfolge freut sich nicht zuletzt auch der Trainer. «Entzückt» sei er sogar, sagte Fabrice Pellerin schon im August 2018. «Dass sich all sein Schweiss in den Trainings und die Unerbittlichkeit in seinem Alltag für Jeremy gelohnt haben».
Gleichzeitig sprach der Franzose davon, «dass auch ich dank Jeremy viel lernen durfte. Nämlich dass man mit Ausdauer, Professionalität, Bestimmtheit und Gewissenhaftigkeit die Erwartungen eines Trainers übertreffen kann. Das war eine gute, ja sehr gute Lektion für mich.»

Im Mai sagte Pellerin gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: «Wenn sich Jeremy nochmals um eine Sekunde steigert, dann ist alles möglich.» Dieses Mal ist aus Schweizer Sicht zu hoffen, dass sich der renommierte Trainer bei seiner Einschätzung nicht erneut irrt.
Zumindest drei Zehntel des Weges hat Desplanches in Südkorea schon zurückgelegt. Für den Rest hat er bis Tokio noch zwölf Monate Zeit.