Wer bei Amazon nicht die gewünschte Leistung bringt, muss packen. Oder kann sich vor einem internen «Gericht» rechtfertigen. Das System ist umstritten.
Jeff Bezos Amazon
Jeff Bezos ist Gründer des Versandhändlers Amazon. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Statt Mitarbeitern auf die Strasse zu stellen, gibt Amazon ihnen noch eine Chance.
  • Sie müssen entweder Leistungsziele erfüllen. Oder sich vor Kollegen rechtfertigen.

Den Detailhandel versetzt Amazon in Angst und Schrecken. Angst und Schrecken verbreitet Amazon auch als Arbeitgeber. Weil sie ihren Job nicht verlieren wollen, meiden einige Lagerarbeiter die Toilette. Und pinkeln in Flaschen. Wegen solchen und ähnlichen Fällen wird immer wieder gestreikt.

Amazon ist knallhart. Wohl zu hart. Letztes Jahr musste der Konzern selber einsehen, dass man zu schnell Mitarbeiter auf die Strasse stellt. Das lohnt sich für das Unternehmen nicht. Neues Personal zu suchen, einzustellen und schulen kostet Geld und Zeit. Als Lösung dafür hat der Tech-Konzern ein neues System erarbeitet. Angestellte, mit deren Leistung der Konzern nicht zufrieden ist, haben neu drei Möglichkeiten: Entweder kündigen sie und kriegen eine Abfindung. Alternativ können sie beweisen, dass sie ihr Geld wert sind. Dazu müssen sie vom Chef definierte Leistungsziele erreichen.

Umstritten ist die dritte Option: Dabei muss der Angestellte in einer gericht-ähnlichen Situation beweisen, dass die Anschuldigungen nicht stimmen. «Ankläger» ist der Vorgesetzte, als «Geschworene» dienen Arbeitskollegen. Diese werden von Amazon ausgesucht. «Das ist ein Känguru-Gericht», sagt Anwalt George Tamblyn zu «Bloomberg». Er hat eine ehemalige Amazon-Arbeiterin vor Gericht vertreten. «Meiner Meinung nach ist der Prozess komplett unfair.»

Mitarbeiter verlieren meistens

70 Prozent der «Fälle» verlieren die Mitarbeiter. Sie können dann entweder gehen, oder versuchen, ihre Leistung zu verbessern. Doch selbst wer gewinnt, ist nicht sorgenfrei. Dies zeigt ein Beispiel einer ehemaligen Angestellten. «Mein Vorgesetzter hat darauf meinen Aufgabenbereich geändert und mir neue Leistungsziele gesetzt», sagt sie dem Wirtschaftsblatt. Das Problem: Die Ziele waren in diesem Fall kaum umsetzbar.

Auch Anwalt Alex Higgins hält wenig vom neuen System beim Online-Giganten. Er hat zehn Amazon-Mitarbeiter vertreten. «Selbst wenn raus kommt, dass der Arbeitnehmer im Recht liegt. Die Spannungen bleiben, der Vorgesetzte ebenso.»

Amazon erklärte gegenüber «Bloomberg», dass man mit dem Programm zufrieden zufrieden sie mit der «Unterstützung, die es unseren Angestellten bietet.» Zahlen wollte der Konzern keine nennen.

Amazon hat als Arbeitgeber einen zweifelhaften Ruf.
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