Machen SP und Bider & Tanner gemeinsame Sache? Das fragt sich ein Kunde der Basler Buchhandlung.
SMS
Absender nicht zu unterscheiden: Ein Kunde von Bider & Tanner erhält Wahlwerbung der SP. - OnlineReports.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Mann erhält von einer Buchhandlung ein SMS. Darin steht, wen er wählen gehen soll.
  • Die SP und die Buchhandlung sind beide schockiert und bestreiten eine Zusammenarbeit.
  • Der Fehler liegt beim SMS-Provider. Die Firma verwendet mehrmals den gleichen Absender.
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Ein Basler staunt nicht schlecht, als er per SMS folgende Nachricht erhält: «Schon den neuen Regierungsrat gewählt? Gib heute noch deine Stimme für Mustafa Atici ab. Bitte zweimal ankreuzen. Danke! Herzliche Grüsse, SP Basel-Stadt.»

Der Mann ist kein SP-Mitglied. Aber ein Kunde von Bider & Tanner. Über diese Nummer informiert ihn die Basler Buchhandlung üblicherweise, wenn ein bestelltes Buch abholbereit ist.

Nun soll er aber kein Buch abholen, sondern bei der Regierungs-Ersatzwahl vom 3. März den SP-Kandidaten Mustafa Atici wählen. «Was soll das?», fragt er sich. Machen Bider & Tanner und die Sozialdemokraten im Wahlkampf gemeinsame Sache?

Rund 100 SMS pro Tag

«Natürlich nicht!», sagt Hans-Ruedi Etter. Das Geschäftsleitungs-Mitglied von Bider & Tanner reagiert irritiert auf die Schilderungen von «OnlineReports». «Wir mischen uns grundsätzlich nicht in politische Diskussionen oder Wahlen ein und geben auch keine Empfehlungen für Kandidierende ab.»

Etter kann sich nicht erklären, wie das passieren konnte. Bider & Tanner verschicke täglich rund 100 SMS an Kundinnen und Kunden. Er selbst teste den Dienst regelmässig und habe bisher keine Probleme feststellen können, sagt er. Aber er lasse das umgehend abklären.

Liegt da etwa ein Missbrauch vor? Bei diesem Wort schreckt Lisa Mathys auf. Einen Skandal wenige Tage vor dem Urnengang kann die Basler SP-Präsidentin nicht gebrauchen. Auch sie geht der Sache nach.

Etter: «So etwas darf nicht mehr passieren.»

Wie sich nun herausgestellt hat, liegt der Fehler weder bei der SP noch bei Bider & Tanner. Die Erklärung ist, dass beide für ihren SMS-Versand den Provider «websms» mit Sitz in Österreich nutzen, und dieser offenbar dieselbe Absender-Nummer mehrfach vergibt. Schon im Juni 2021 hat die SP Schweiz über dieselbe Nummer eine SMS zum Referendum gegen die Abschaffung der Stempelabgabe verschickt.

Warum «websms» Nummern mehrfach vergibt, und ob es sich hier um ein Versehen handelt, ist nicht klar. Eine Nachfrage von «OnlineReports» beim geschäftsinternen Datenschutzbeauftragten bleibt unbeantwortet.

Für Etter ist die Sache aber noch nicht vom Tisch. Der IT-Verantwortliche von Bider & Tanner ist daran, die Vorgänge abzuklären. «Ich mache daraus keinen Kassensturz-Fall, aber ich will eine Antwort darauf haben. So etwas darf nicht mehr passieren», stellt er klar.

Kein Versand mehr geplant

Bis jetzt hat Etter keine weiteren Reaktionen erhalten. Er geht aber davon aus, dass auch andere Kundinnen und Kunden von Bider & Tanner die SMS mit der SP-Wahlwerbung erhalten haben.

In der Zwischenzeit hat sich auch SP-Präsidentin Mathys bei Etter gemeldet. «Ich bin froh, dass kein Missbrauch vorliegt», sagt Etter. Und er sei auch froh, dass die SP bis zum Wahlsonntag keinen weiteren Versand mehr plane.

Der Empfänger der SP-SMS hat seinen Wahlzettel inzwischen ausgefüllt. Wo er das Kreuzchen gesetzt hat, verrät er allerdings nicht.

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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert.

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