Kein Pflegepraktikum für Medizinstudenten in Zürich
Medizinstudierende in Zürich müssen künftig kein halbes Jahr Pflegepraktikum mehr absolvieren. Der Kantonsrat lehnte am Montag eine entsprechende Motion ab.

Wer in Zürich Medizin studieren möchte, muss künftig kein halbjähriges Pflegepraktikum absolvieren. Der Zürcher Kantonsrat hat am Montag mit 110 zu 59 Stimmen eine entsprechende Motion von Mitte, GLP, FDP und SP abgelehnt.
Die Motionärinnen und Motionäre wollten die Regierung beauftragen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um ein mindestens sechsmonatiges Pflegepraktikum als Voraussetzung für den Zugang zum Medizinstudium vorzuschreiben.

Heute kämen Medizin-Studierende erst im fünften Studienjahr in Kontakt mit kranken und sterbenden Menschen. Zudem sei die Berufsausstiegsquote zu hoch.
Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) bezeichnete es im Rat als «völlig unrealistisch», in Zeiten des Fachkräftemangels rund 100'000 Praktikumstage für medizinisch unausgebildete Maturandinnen und Maturanden anzubieten.
Gegenstimmen zur vorgeschlagenen Regelung
Auch die Verlängerung des Studiums sowie ein Alleingang Zürichs sprächen gegen das Praktikum.
Die SVP sei grundsätzlich nicht gegen ein Praktikum, sagte Lorenz Habicher (Zürich). Doch sechs Monate seien zu lange. Zudem löse die Motion das Problem des Fachkräftemangels nicht.
Auch die SP-Fraktion sah zwar «zahlreiche Vorteile für die Studierenden und das gesamte Gesundheitssystem», sagte Renata Grünenfelder (Zürich). Doch auch sie lehnte die Motion wegen der Länge und der Verzögerung ab.
Die Grüne-Fraktion sprach sich «für mehr Praxis» aber gegen «so starre Vorgaben» aus, wie Benjamin Walder (Wetzikon) sagte. Michael Bänninger (EVP, Winterthur) bezeichnete ein obligatorisches Pflegepraktikum als Voraussetzung für den Numerus Clausus als den «falschen Weg».
Uneinigkeit innerhalb der Parteien
Die AL beschloss Stimmfreigabe, wie Nicole Wyss (Zürich) sagte. Die eine Hälfte der Fraktion wünsche sich ein vorheriges Praktikum, die andere Hälfte wolle das Medizinstudium nicht weiter verlängern.
«Die Schweiz braucht Ärzte und wir stehen in der Pflicht, diese vermehrt selbst auszubilden», sagte Linda Camenisch (FDP, Wallisellen). Dabei müsse rechtzeitig sichergestellt werden, dass die für den Beruf geeigneten zum Studium zugelassen würden.
Für die Überweisung der Motion sprach sich auch die GLP-Fraktion aus. Ein Pflegepraktikum vor Studienbeginn biete einen wichtigen Einblick in den Spitalalltag.