Alfred Gilgen, Vollblutpolitiker, Erziehungsdirektor und Feindbild der Jugendrevolte
Analytiker, Vollblutpolitiker, brillanter Redner und 24 Jahre Regierungsrat: Am Montagabend schlief Alfred Gilgen friedlich ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Alfred Gilgen ist mit 87 Jahren friedlich eingeschlafen.
- In seinen 24 Jahren als Zürcher Regierungsrat zeichnete er sich vor allem durch Gradlinigkeit und Dossierkenntnis aus.
- Für die Jugendrevolten der Achziger hingegen war er, der einst kurzerhand die Uni schloss, das grosse Feindbild.
Am Montagabend ist Alfred Gilgen mit 87 Jahren friedlich eingeschlafen. Es ist das ruhige Ende eines turbulenten Lebens. Der langjährige Zürcher Regierungsrat Gilgen – Vollblutpolitiker und Rebell – hat besonders dem Bildungswesen seinen Stempel aufgedrückt.
«Gilgen an den Galgen»
Kaum im Amt als Zürcher Erziehungsdirektor, schon skandierten die Studenten: «Gilgen an den Galgen». Kurz nach Antritt des neuen Amtes 1971 hatte Gilgen nämlich kurzerhand die Universität geschlossen: Wegen einer antifaschistischen Woche linker Studenten.

Als am 30. Mai 1980 vor dem Opernhaus die Container brannten und Strassenkämpfe gefochten wurden, fuhr Gilden, damals Erziehungsdirektor und damit Feindbild der Jugendunruhen, mitten ins Geschehen, um sich die Sache anzusehen. Um die jungen Rebellen besser zu verstehen, kaufte Gilgen sich kurzerhand eine Langhaarperücke, zog einen Rollkragenpulli über und mischte sich selber unter die Demonstranten. «Seither konnte ich mir den Solidarisierungseffekt besser vorstellen», erzählte er in einem Interview.
Sohn eines Trämlers
Gilgen, gebürtiger Berner und Sohn eines Trämlers, wuchs in einfachen Verhältnissen in Affoltern auf. Er zeichnete sich vor allem durch eines aus: Gradlinigkeit. Er kannte seine Dossiers und vertrat seine Standpunkte redegewandt. Egal, ob als studierter Mediziner am ETH-Institut für Hygiene, im Regierungsrat oder in der Armee, wo er stolz den Rang eines Oberst bekleidete.