Trotz eines Verbots Italiens hat ein Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch am Mittwoch mit 42 Migranten an Bord Kurs auf die italienische Insel Lampedusa genommen.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kapitänin will 42 Bootsflüchtlinge nach zwei Wochen an Land bringen.
Das Rettungsschiff «Sea-Watch 3»
Das Rettungsschiff «Sea-Watch 3» - AFP/Archiv

«Ich weiss, was ich riskiere, aber die 42 Geretteten sind erschöpft», schrieb die Kapitänin der «Sea-Watch 3», Carola Rackete, im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der italienische Innenminister Matteo Salvini sprach von einem «schmutzigen politischen Trick» und kündigte Gegenmassnahmen an.

Die «Sea-Watch 3» näherte sich am Mittwochnachmittag der Küste von Lampedusa. Sie wurde dort von Schiffen der Küstenwache und des Zolls erwartet. Die vor Libyen geretteten Bootsflüchtlinge wurden vor zwei Wochen von dem Rettungsschiff aufgenommen.

Sea-Watch scheiterte am Dienstag vor dem Europäischen Gerichtshof damit, Italien zu «einstweiligen Massnahmen» zur vorläufigen Aufnahme der Migranten zu zwingen. Die Richter forderten die italienischen Behörden jedoch auf, verletzlichen - etwa alten oder gesundheitlich angeschlagenen - Menschen an Bord die notwendige Betreuung zu gewähren.

Sea Watch zeigte sich von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs enttäuscht. Die europäischen Institutionen hätten «erneut bewiesen, dass sie nicht in der Lage sind, Verantwortung für den Schutz der Rechte von Menschen zu übernehmen, die an ihrer tödlichen Seegrenze gerettet wurden», erklärte die Organisation. «Infolgedessen» sei die Kapitänin «gezwungen» gewesen, «nach dem Notstandsgesetz» in italienische Hoheitsgewässer einzufahren.

«Keine europäische Institution» sei bereit, die Menschenwürde an der europäischen Grenze im Mittelmeer zu wahren, kritisierte Sea-Watch-Vorstandschef Johannes Beyer. Die Garantie der Menschenrechte dürfe aber «nicht von einem Pass oder EU-Verhandlungen abhängig gemacht werden».

Er werde «niemandem erlauben, das Schiff zu verlassen», erklärte Salvini auf Facebook. «Unsere Geduld ist am Ende.» Italien werde alle «rechtmässigen» Mittel einsetzen, um das Anlanden der Migranten zu verhindern. Den Regierungen in Berlin und Den Haag drohte der Chef der rechtsradikalen Lega-Partei an, sie würden sich für das Verhalten der Besatzung der «Sea Watch 3» «verantworten» müssen.

Das Schiff fährt unter niederländischer Flagge. Salvini von der rechtsextremen Lega veröffentlichte kürzlich ein Dekret, nach dem Kapitäne, Eigner und Betreiber von Flüchtlingsschiffen mit bis zu 50.000 Euro Strafe sowie juristischer Verfolgung wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Beschlagnahme der Schiffe rechnen müssen, wenn für die Einfahrt in die italienischen Hoheitsgewässer keine Genehmigung vorliegt.

Am Mittwoch erklärte Salvini, der italienische Botschafter in Den Haag habe bei der niederländischen Regierung «formale Schritte» eingeleitet. Er forderte die Niederlande auf, die Flüchtlinge aufzunehmen.

Bereits vor der Gerichtsentscheidung hatte die 31-jährige Kapitänin Rackete im Interview mit der italienischen Zeitung «La Repubblica» gesagt, notfalls werde sie mit den aus verschiedenen afrikanischen Staaten stammenden Migranten auch ohne Erlaubnis in italienische Hoheitsgewässer fahren. Ursprünglich nahm die «Sea Watch 3» 53 Migranten an Bord. Elf Frauen, Kinder und Kranke wurden zwischenzeitlich in Italien aufgenommen.

Für die Aufnahme der übrigen Flüchtlinge liegen Bereitschaftserklärungen aus zahlreichen deutschen Städten vor. Auch der Bischof von Turin, Cesare Noviglia, erklärte sich zur Aufnahme bereit.

Die Organisation Pro Asyl verlangte am Mittwoch die «sofortige Aufnahme der Geretteten», die Seenotrettung dürfe «nicht durch Einlaufverbote in einen sicheren Hafen behindert werden». Die Rettungsorganisationen verteidigten im Mittelmeer «das Recht auf Leben», fügte Pro Asyl hinzu. «Sie halten sich streng an völkerrechtliche Verpflichtungen.» Der Linken-Obmann für Menschenrechte, Michel Brandt, erklärte in Berlin, die Seenotretter vor Ort übernähmen «mehr Verantwortung als die ganze EU zusammengenommen».

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