Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erhofft sich von der Corona-Pandemie einen Impuls für mehr Naturschutz.
Umweltministerin Schulze
Umweltministerin Schulze - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ministerin verweist auf Zusammenhang zerstörter Ökosysteme mit Virenausbreitung.

Die Ausbreitung des Coronavirus sei «ein echter Weckruf», dass hier mehr getan werden müsse, sagte sie am Donnerstag in Berlin. Wenn Ökosysteme zerstört würden, teilten sich die überlebenden Arten die kleiner werdenden Lebensräume mit dem Menschen - diese «unnatürliche Nähe» zwischen Wildtieren und Menschen begünstige das Überspringen von Viren.

Es sei bekannt, dass rund 70 Prozent der heute bekannten Erreger ursprünglich aus dem Tierreich stammten, führte Schulze aus. Dies gelte etwa für HIV, Sars und Ebola sowie die Vogelgrippe. Das «Viren-Reservoir» in der Tierwelt sei sehr gross.

Der Übersprung auf den Menschen sei daran gemessen zwar «sehr selten», sagte Schulze. «Wenn aber unterschiedliche Tierarten und Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, kann das sehr gefährlich werden.»

Dies gelte beispielsweise auch für Wildtiermärkte. Dort herrschten «sehr gute Bedingungen» für die Verbreitung von Viren. Beim aktuell grassierenden Erreger Sars-CoV-2 wird vermutet, dass er auf einem Wildtiermarkt in China erstmals auf Menschen übersprang.

Naturschutz sei in vielen Weltregionen ein «wichtiger Schlüssel», um dem Ausbruch von Infektionskrankheiten vorzubeugen, betonte Schulze. Sie unterstrich dabei auch die deutsche Verantwortung: «Unser Lebensstil trägt massgeblich dazu bei», dass Ökosysteme zerstört werden, kritisierte sie. So würden für die wichtigen Importprodukte Soja und Palmöl im grossen Stil Regenwälder vernichtet.

Die Virologin Sandra Junglen von der Berliner Charité sagte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Schulze, die Biodiversität, also die biologische Vielfalt, spiele eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung von Viren. Wenn Ökosysteme zerstört würden, überlebten vor allem die Arten, die «Generalisten» seien, sich also gut an veränderte Gegebenheiten anpassen könnten. Diese trügen oftmals auch Erreger in sich, die «sehr anpassungsfähig» seien und auf den Menschen überspringen könnten.

Der Umweltschutz-Dachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) verlangte ein generelles Import- und Verkaufsverbot für Wildtiere in Deutschland und Europa. Schulze lehnte dies ab. Sie verwies unter anderem darauf, dass deutsche Zoos über Zuchtprogramme dabei helfen würden, gefährdete Arten zu erhalten, und dafür auch Tiere eingeführt werden müssten. Viel wichtiger sei es, den illegalen Handel mit Wildtieren zu stoppen.

Auch die Umweltorganisation WWF forderte als Konsequenz aus der Corona-Pandemie ein «entschiedenes Vorgehen gegen den illegalen Wildtierhandel sowie bessere Kontrollen des legalen Artenhandels mit Produkten wie etwa Wildfleisch». Ausserdem müsse Biodiversität besser geschützt werden. Die Menschheit müsse «anerkennen, dass diese für Ökosysteme und menschliche Gesundheit unabdingbar ist».

Die Grünen-Naturschutzexpertin Steffi Lemke pochte auf eine Positivliste, die nur noch Importe von Wildtieren zulässt, wenn dies sowohl unter Artenschutz- wie auch unter Gesundheitsaspekten unbedenklich sei. Die Bundesregierung habe dieses Problem lange vernachlässigt.

Auch die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Judith Skudelny, warf der grossen Koalition eine bislang unzureichende Umsetzung von Natur- und Artenschutzmassnahmen vor. Die eigentliche globale Herausforderung sei, der Natur bei gleichzeitig steigender Weltbevölkerung ausreichend Raum zu bieten. Ein wichtiger Baustein hierzu sei die Zusammenarbeit von Umwelt und Landwirtschaft.

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