Wütende Jugendproteste von Neu Delhi und Bangkok bis Paris und Berlin: Massenhaft haben Schüler in mehr als hundert Ländern am Freitag für besseren Klimaschutz gestreikt.
Proteste in Barcelona
Proteste in Barcelona - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Demonstrationen von Neu Delhi bis München - Jugendliche warnen Politik .

Allein in Deutschland gingen viele zehntausend junge Leute mit handgemalten Plakaten und lauten Sprechchören auf die Strassen, um die Politiker zum Handeln aufzufordern.

In Berlin zogen schätzungsweise zehntausend Schüler und Studenten vor das Bundeswirtschaftsministerium, in München kamen nach Angaben der Polizei ebenfalls zehntausend Demonstranten zusammen. In Frankfurt am Main sowie Bremen waren es jeweils etwa 5000, in Köln ebenfalls mehrere tausend. Selbst in mittleren und kleineren Städten waren es demnach vielerorts etliche hundert - so etwa rund 2000 in Münster.

In einer ersten Bilanz sprachen die deutschen Organisatoren der Initiative Fridays for Future am Freitag von insgesamt mehr als 300.000 Teilnehmern in über 230 Städten bundesweit. Unabhängig überprüfen liessen sich diese Zahlenangaben zunächst jedoch nicht.

Begonnen hatte die globale Protestwelle am Freitagmorgen in Asien und Ozeanien, wo ebenfalls zehntausende junge Menschen unterwegs waren. Demonstrationen gab es unter anderem in Sydney, Bangkok, Neu Delhi, Hongkong und Wellington. Die Teilnehmer trugen Plakate wie «Ihr zerstört unsere Zukunft», «Wir streiken, um die Erwachsenen weiterzubilden» oder «Ich bin nicht wütend, nur enttäuscht.»

Seit Monaten boykottieren in vielen Ländern weltweit junge Leute aus Protest gegen mangelnde Klimaschutzbemühungen einmal pro Woche den Unterricht. Der globale Protesttag am Freitag ist der bisherige Höhepunkt der Aktionen, die in Deutschland unter dem Namen Fridays for Future laufen. Inspiriert werden die Proteste der Schüler von der jungen Schwedin Greta Thunberg, die im Sommer des vergangenen Jahres mit einem wöchentlichen Solostreik begann.

Thunberg beteiligte sich am Freitag in Stockholm. «Wir durchleben eine existenzielle Krise, die schon Jahrzehnte ignoriert wird», sagte die 16-Jährige dort. Sie habe die Bewegung der Schüler nicht ausgelöst, diese habe lediglich einen «Zündfunken» gebraucht. In der ugandischen Hauptstadt Kampala kritisierte der Student Sadrach Mirere, einer der dortigen Organisatoren: «Die heutigen Führer werden alt und sterben - und hinterlassen eine ruinierte Welt.»

Im Tagesverlauf weiteten sich die Proteste nach Afrika, Europa und bis in die USA und andere amerikanische Länder aus. In Paris versammelten sich zwischen 30.000 und 40.000 junge Menschen. Grössere Proteste mit teilweise etlichen tausend Teilnehmern gab es unter anderem auch in Wien, Warschau, Zagreb, Madrid, Barcelona, London und Kopenhagen.

Dass die Jugendlichen während der Unterrichtszeit streiken, sorgt in vielen Ländern für Kritik. Gegner kritisieren die Klimaproteste als Schulschwänzerei. Andererseits unterstützen etwa in Deutschland unter anderem Eltern- und Wissenschaftlerinitiativen die Schüler. Einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage für das ZDF-«Politbarometer» unterstützen zwei von drei Deutschen (67 Prozent) die Schülerproteste während der Unterrichtszeit. Auch Umweltorganisationen und Parteien wie Grüne und Linke loben sie.

Die deutsche Mitorganisatorin der Streiks, Lisa Neubauer, warnte am Freitag im Südwestrundfunk davor, beim Thema Klimaschutz die Generationen gegeneinander aufwiegeln zu wollen. Wenn Politiker sich dahingehend äusserten, dass es entweder um die «Zukunft der Jungen» oder die «Rente der Alten» gehe, sei das «ganz gefährlich». In Neu Delhi wies die 16-jährige Demonstrantin Srijani Datta darauf hin, dass viele Schüler bald wählen dürften. «Und wir sorgen uns ums Klima.»

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lobte das Engagement der Schüler generell, distanzierte sich aber von Protesten während des Unterrichts. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rief die Bundesregierung angesichts der Schülerstreiks dagegen zu einer Änderung ihrer Prioritäten auf. «Die politischen Entscheider tun nicht ansatzweise genug, um die Lebensgrundlagen der jungen Generation zu schützen», sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

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