Sie tragen Multifunktionsjacken statt Ordenstrachten. Weil sie ihr Präsidenten aufregt, touren dreissig katholische Nonnen gegen Donald Trump durch Amerika.
Auf ihrer Bustour machen die Nonnen der «Sisters of Social Service» Halt vor dem Kapitol in der US-Hauptstadt Washington DC.
Auf ihrer Bustour machen die Nonnen der «Sisters of Social Service» Halt vor dem Kapitol in der US-Hauptstadt Washington DC. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Bus mit dreissig Nonnen tourt durch 21 Bundesstaaten der USA.
  • Sie wollen vor den Kongresswahlen ein Zeichen gegen Donald Trump setzen.
  • Die Nonnen wollen die Amerikanerinnen und Amerikaner zum Nachdenken anregen.

Auf dem Platz direkt vor dem Kapitol, wo sich in der US-Hauptstadt normalerweise Touristen tummeln, steht heute ein grosser bunter Reisebus. Ein überdimensionaler Aufkleber mit der Aufschrift «Nuns on the Bus» prangt auf seiner Heckseite. Als sich die Türen öffnen, steigen neun quirlige ältere Damen aus. Sie lachen, winken und mischen sich direkt unter die Passanten. «Geht wählen und setzt ein Zeichen gegen Trump!», ruft Schwester Simone. Sie ist Aktivistin, Anwältin – und Nonne, genau wie der Rest der Frauen aus dem Bus.

Seit Anfang Oktober touren dreissig katholische Ordensschwestern durch die USA. Sie gehören der Glaubensgemeinschaft der «Sisters of Social Service» aus Los Angeles an. Durch 21 Bundesstaaten fährt der Bus, letzter Stopp ist Mar-a-Lago in Florida, das Luxus-Domizil des US-Präsidenten Donald Trump. «Politiker sind nur von Ultra-Reichen umgeben und für die machen sie die Gesetze», sagt Schwester Simone. Sie und die anderen Nonnen wollen möglichst viele Menschen davon überzeugen, bei den Kongresswahlen ihre Stimme abzugeben – am besten für die Demokraten, Trumps Kontrahenten.

Donald Trumps Umgang mit Frauen

Es gibt viele Dinge, die die Ordensschwestern an ihrem Präsidenten auszusetzen haben. Seine rigorose Einwanderungspolitik oder sein Umgang mit Frauen, zum Beispiel. Als Motto für ihre Tour aber, haben sie sich ein sehr komplexes Thema ausgesucht: Steuergerechtigkeit. Im Zentrum der Kritik steht Trumps Steuerreform, die er bei ihrer Einführung im Dezember 2017 als «grösste Steuersenkung der Geschichte» bezeichnete. Die Reform ist eines der Themen, mit denen Trump jetzt Wahlkampf macht und Stimmen für die republikanischen Kandidaten bei den Kongresswahlen gewinnen möchte.

Schwester Simone regt das auf: «Das Gesetz erhöht unsere Schulden, indem es den wohlhabendsten Personen und Unternehmen in unserem Land Geld gibt. Der Mittelstand und die Armen haben am wenigsten davon.» Als Anwältin für Familienrecht hat sich die Ordensfrau ihr ganzes Leben mit Gesetzen beschäftigt und viele Menschen in schwierigen Lebenssituationen getroffen, erzählt sie. Mit ihrem Eintritt in den Orden der «Sisters of Social Service» verpflichtete sie sich, ihr Leben den Armen und Vernachlässigten zu widmen. Jetzt, als 73-Jährige, ist sie deshalb auf Tour.

Fast alle Nonnen im Bus sind bereits im Rentenalter. Früher waren sie Lehrerinnen, Krankenschwestern oder in der Verwaltung tätig. Weil die Bustour für viele der Frauen anstrengend ist, wechseln sie sich ab. Mindestens neun Nonnen fahren immer gemeinsam eine Etappe. Wie ihre Ordensgründerin, Margaret Slachta, die im Jahr 1923 als erste Frau in das ungarische Parlament einzog, beziehen die Schwestern immer wieder politisch Stellung. Das gefällt nicht jedem. Weil sich Schwester Simone öffentlich gegen eine Kriminalisierung von Abtreibungen aussprach, liess Papst Benedikt XVI. die Frauen beobachten.

«Keine Meinung aufzwingen»

«Wir wollen mit unserem Protest den Menschen, die wir treffen, keine Meinung aufzwingen, sondern sie zum Nachdenken anregen», sagt Schwester Simone. Auf ihrer Tour durch die verschiedenen Bundesstaaten seien sie immer wieder Menschen begegnet, die ganz anderer Meinung gewesen seien: «Das Wichtigste ist es, Menschen anzuerkennen, ernst zu nehmen und im Gespräch zu bleiben». Dies sei in Zeiten Trumps leider nicht mehr selbstverständlich.

Wenn der Bus in Mar-a-Lago, Florida, ankommt, würde Schwester Simone den Präsidenten am liebsten persönlich sprechen. «Ich würde ihm sagen: Komm mit mir mit und sieh dir für einen einzigen Tag an, wie der Rest Amerikas lebt.» Es sei inakzeptabel, dass in der reichsten Nation der Welt so viele Menschen zurückgelassen würden. Dass es zu dem Zusammentreffen kommt, ist unwahrscheinlich. Trump tourt wenige Tage vor den Kongresswahlen selbst durch die USA, um Wähler für sich zu gewinnen.

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