Kurz muss sich am Montag Misstrauensabstimmung im Parlament stellen
Nach dem Zusammenbruch der Koalition in Wien infolge der Ibiza-Affäre entscheidet sich am Montag das politische Schicksal von Kanzler Sebastian Kurz: Der konservative Regierungschef muss sich im Nationalrat einem Misstrauensvotum stellen, wie Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka am Dienstag mitteilte.

Das Wichtigste in Kürze
- Aussenministerin Karin Kneissl bleibt trotz FPÖ-Rückzug im Amt.
Damit droht ihm nach nur anderthalb Jahren das Aus als Kanzler. Unterdessen erklärte die von der FPÖ nominierte, aber parteilose Aussenministerin Karin Kneissl, sie werde im Amt bleiben.
Der Misstrauensantrag war von der kleinen Oppositionspartei Jetzt eingereicht worden. Die sozialdemokratische SPÖ und Kurz' bisheriger Koalitionspartner, die rechtspopulistische FPÖ, haben nicht ausgeschlossen, gegen Kurz zu stimmen. Sollten sie das tun, würde er vor den geplanten Neuwahlen im September sein Amt verlieren. Beide Parteien haben sich aber noch nicht festgelegt.
Mit Blick auf den von der FPÖ angekündigten Rückzug ihrer Minister aus der Regierung kündigte Bundespräsident Alexander van der Bellen an, Aussenministerin Kneissl werde im Amt bleiben. Kneissl erklärte, sie fühle sich als «unabhängige Expertin» verpflichtet, «gerade jetzt weiterhin zur Verfügung zu stehen». Zugleich bat van der Bellen den Bundeskanzler um Vorschläge, welche Fachleute die ausgeschiedenen FPÖ-Minister ersetzen könnten.
Zum Misstrauensvotum gegen Kurz gebe es noch keine Entscheidung, sagte ein FPÖ-Sprecher der APA. Die Tageszeitung «Österreich» hatte zuvor berichtet, Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) habe sich bereits festgelegt, dem Misstrauensantrag gegen Kurz zuzustimmen. «Wer Vertrauen gibt, erhält Vertrauen. Wer Misstrauen gibt, kriegt Misstrauen», sagte Kickl der Zeitung.
Seitens der FPÖ hiess es gegenüber APA, Kickl sei von dem Blatt missinterpretiert worden. Er habe lediglich gesagt, dass derjenige, der der FPÖ misstraue, auch das Misstrauen der FPÖ habe. Das heisse aber nicht, dass über das Abstimmungsverhalten schon definitiv entschieden sei.
Die oppositionellen Neos kündigten derweil an, den Misstrauensantrag nicht zu unterstützen. «Es braucht jetzt eine Verantwortung gegenüber dem Land», sagte die Chefin der liberalen Partei, Beate Meinl-Reisinger, dem Radiosender Bayern 2. «Die Menschen erwarten sich einen Weg aus dieser Krise und nicht Politiker, die Österreich noch mehr in eine Krise stürzen.» Nun seien «Stabilität» und «Staatsräson» gefragt.
Die Regierungskoalition in Wien war nach der Veröffentlichung eines Enthüllungsvideos rund um Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auseinandergebrochen. Nachdem Kurz am Montagabend die Entlassung von Innenminister Kickl gefordert hatte, machte dessen Partei ihre Drohung war und kündigte den Rückzug all ihrer Minister aus der Koalition mit Kurz' ÖVP an.
In dem auf Ibiza heimlich aufgenommenen Video hatte sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit gezeigt, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfgelder öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. Strache trat am Wochenende nach Veröffentlichung der Aufnahmen von seinen Ämtern als Vizekanzler und Parteichef zurück.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übte am Dienstag bei einem Besuch in Wien scharfe Kritik am Verhalten des Ex-FPÖ-Chefs. «Die Vorstellung, dass man ein Land so auf dem silbernen Tablett anderen vorsetzt, damit die sich bedienen können, entspricht nicht meinem patriotischen Grundgefühl», sagte Juncker bei einer Gewerkschaftskonferenz in der österreichischen Hauptstadt. Er rief die Österreicher auf, die Europawahl am Sonntag zu nutzen, «um der Gefahr von rechts den Rücken zu kehren».