Kantone wollen Pflege in einheitliche Finanzierung einbeziehen
Die Kantone fordern, dass bei einer einheitlichen Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen des Gesundheitswesens die Langzeitpflege einbezogen wird. Sie argumentieren mit einer gerechteren Aufteilung der Kosten und Einheit über das ganze System.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK) verabschiedete einen Gesetzesentwurf «Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (Efas)» im April.
Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) pochte schon damals darauf, die Kosten von Spitex und Langzeitpflege einzurechnen.
Heute werden ambulante Behandlungen von den Krankenkassen vergütet. Bei stationären Spitalbehandlungen zahlen die Kantone 55 Prozent der Kosten. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz will Hand bieten zum Systemwechsel zur einheitlichen Finanzierung aller Kosten, wie sie am Donnerstag in den Bern vor den Medien ausführte.
Voraussetzung für das Ja ist aber, dass auch die Leistungen von Pflegeheimen und den Spitex-Diensten in die einheitliche Finanzierung einbezogen werden. Die GDK spricht dabei von den Leistungen der Krankenkassen und von den Beiträgen, die Kantone und Gemeinden und damit letztlich die Steuerzahler an die Pflege leisten.
Kantone und Gemeinden würden durch die steigenden Pflegekosten immer mehr belastet, begründet die GDK ihre Forderung. Gemäss den von ihr zitierten Prognosen sollen die Pflegekosten bis 2030 prozentual stärker steigen als jene für ambulante und stationäre Behandlungen.
Die GDK untermauert ihre Forderung mit einer in ihrem Auftrag erstellten Studie des Forschungsbüros Infras. Demnach müssten beim Einbezug der Langzeit- und Spitex-Pflege in die einheitliche Finanzierung die Krankenkassen insgesamt 74,5 Prozent und die Kantone und Gemeinden 25,5 Prozent der Kosten tragen.
Nicht eingerechnet sind jene rund 0,7 Milliarden Franken, die heute die Patienten übernehmen. Würden die Kantone und Gemeinden die Patientenbeiträge voll übernehmen, erhöhte sich ihr Anteil im Kostenteiler auf 26,8 Prozent.
Untersucht haben die Studienautoren auch die erwartete Entwicklung der Gesundheitskosten von 2016 bis 2030. Sie kommen zum Schluss, dass die finanzielle Belastung für die Kantone prozentual weniger stark steigt, wenn neben ambulanten und stationären Leistungen auch die Pflege in die einheitliche Finanzierung eingerechnet wird.
Grund sei, dass bei ambulanten Leistungen - diese bezahlen die Kantone heute nicht mit - ein höherer Kostenanstieg erwartet werde als im stationären Bereich. Hingegen beteiligten sich die Kantone und auch die Gemeinden relativ stark an den - ebenfalls zunehmenden - Kosten für Langzeitpflege.
Umgekehrt würden laut Studie die Krankenversicherungen profitieren, wenn die Pflege nicht in die einheitliche Finanzierung einbezogen würde. Denn sie müssten mit der Pflege in der einheitlichen Finanzierung mit einem stärkeren Anstieg der Kosten rechnen als ohne.
Die Studie kommt trotz unsicheren Kostenprognosen zum Schluss, dass mit einem Efas-Modell ohne Pflege die Steuerzahlerinnen und -zahler gegenüber den Prämienzahlerinnen und -zahlern «relativ zum Ausgabenwachstum» stärker belastet würden. Ein Einbezug der Pflege würde dies ein Stück weit relativieren.
Die Kantone stellen für einen Wechsel zum Efas-System noch weitere Forderungen. Sie wollen das ambulante Versorgungsangebot steuern und die verrechneten Kosten kontrollieren können. Auch verlangen sie, dass eine nationale Tariforganisation vorgeschrieben wird, an der sie paritätisch beteiligt werden.
Die SGK des Nationalrates verabschiedete die Vorlage zur einheitlichen Finanzierung im April. Sie war nicht grundsätzlich gegen den Einbezug der Pflege ins Efas-System. Nur müsse die Verwaltung zunächst die Grundlagen dafür erarbeiten, stellte sie fest.
Laut GDK soll sich der Bundesrat bis Ende August zu den Vorschlägen äussern; geplant ist, die Vorlage im Herbst im Nationalrat zu behandeln. In den Augen der GDK ist die Infras-Studie Grundlage für eine Lösung, die von den Kantonen getragen werden könne. «Im Raum steht ansonsten ein Kantonsreferendum», schreibt sie.