Wegen eines Streits der möglichen Koalitionspartner ist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei der Regierungsbildung gescheitert. Jetzt kommt es zu Neuwahlen.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Israel ist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit Regierungsbildung gescheitert.
  • Nun stimmt das Parlament für die Auflösung und vorgezogene Neuwahlen.
  • Kann Netanjahu diese erneut gewinnen?

In der Nacht zum Donnerstag stimmte das israelische Parlament für seine Auflösung. Damit wurde der Weg für vorgezogene Neuwahlen am 17. September geebnet. Die Abgeordneten der Knesset votierten mit 74 zu 45 Stimmen für einen entsprechenden Gesetzentwurf.

Dieser kam von der regierenden Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Diesem war es bis zum Ablauf der Frist am Mittwoch um Mitternacht nicht gelungen, ein neues Regierungsbündnis zu schmieden.

Nach der Parlamentsabstimmung war Netanjahu bemüht, Lieberman die Schuld am Scheitern der Regierungsbildung zu geben. Dieser habe nicht die Absicht gehabt, eine Einigung zu erzielen, sondern habe nur die Regierung stürzen wollen. Er kündigte einen «starken Wahlkampf» an und zeigte sich siegesgewiss: «Wir werden gewinnen.»

Benjamin Netanjahu gewann die Wahl

Die Likud-Partei hatte bei der Wahl am 9. April 35 Sitze gewonnen. Gemeinsam mit ihren Verbündeten kam sie auf eine Mehrheit von 65 der 120 Sitze. Gut eine Woche nach der Wahl wurde Netanjahu von Staatschef Reuven Rivlin mit der Regierungsbildung beauftragt.

Benjamin Netanjahu strebte eine Koalition rechter und religiöser Parteien an. Er scheiterte aber am Widerstand von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman und seiner laizistisch-nationalistischen Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel).

Benjamin Netanjahu Israel
Benjamin Netanjahu (Mitte r), Ministerpräsident von Israel, trifft Avigdor Lieberman (Mitte l), Verteidigungsminister Israels, im Verteidigungsministerium. - Amos Ben Gershom/GPO/dpa

Lieberman hält an seiner zentralen Forderung fest, dass auch ultraorthodoxe Juden wie andere jüdische Israelis den obligatorischen Wehrdienst ableisten müssen. Die ultraorthodoxen Parteien lehnen dies strikt ab. Für eine Mehrheit braucht es die fünf Sitze von Israel Beitenu als auch auf die 16 Sitze der Ultraorthodoxen angewiesen.

Lieberman hatte mehrfach betont, dass es sich bei seiner Forderung um eine Frage des Prinzips handle. «Alle Vorschläge, alle sogenannten Kompromisse waren nur darauf ausgelegt, Zeit zu verschwenden und das Gesetz auszublenden.» Das sagte Liebermann vor der Parlamentsabstimmung. Er sprach von einer «Kapitulation vor den Ultraorthodoxen».

Israel erwartet ein polarisierender Wahlkampf

Durch das Vorziehen der Parlamentswahl verhinderte die Likud-Partei, dass Präsident Reuven Rivlin einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt. Allerdings steht das Land damit erneut vor einem polarisierenden Wahlkampf.

Für Benjamin Netanjahu steht einiges auf dem Spiel. Dem 69-Jährigen droht eine Anklage wegen drei Korruptionsaffären. Seine Gegner werfen ihm vor, sich mit aller Macht an sein Amt zu klammern. Um im neuen Parlament ein Gesetz durchzubringen, das ihn vor Strafverfolgung schützen würde.

Benjamin Netanjahu Israel
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht unter grossem Druck. - AFP

Oppositionspartei wäre zu Koalition ohne Netanjahu bereit

Die Mitte-rechts-Liste Blau-Weiss die Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu als das eigentliche Problem. Als grösste Oppositionspartei wäre sie zu einer Koalitionsregierung der nationalen Einheit bereit - doch nur ohne Netanjahu.

Zusammen würden der Likud und die Liste Blau-Weiss von Benny Gantz über eine Mehrheit von 70 der 120 Sitze verfügen. Doch bislang gibt es keine Anzeichen, dass die Likud-Partei bereit sein könnte, sich gegen Netanjahu zu stellen.

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