Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro ist wegen seines Auftritts bei einer Protestaktion gegen die Corona-Auflagen in die Kritik geraten.
Präsident Jair Bolsonaro (in rotem Hemd) bei der Demo
Präsident Jair Bolsonaro (in rotem Hemd) bei der Demo - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Anhänger von Brasiliens Staatschef fordern Militärintervention.

Der frühere brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso nannte es am Sonntag auf Twitter «beklagenswert, dass sich der Präsident einer antidemokratischen Kundgebung anschliesst». Die Demonstranten forderten im Beisein des ultrarechten Bolsonaro eine Militärintervention und die Schliessung des Parlaments.

«Ihr müsst für Euer Land kämpfen», rief Bolsonaro den rund 600 Menschen zu, die in der Hauptstadt Brasília vor dem Hauptquartier der Armee demonstrierten. Er kündigte an, er werde sich für die «Demokratie» und «Freiheit» in Brasilien einsetzen. Die Forderung nach einer Militärintervention kommentierte er nicht.

Seine Rede musste Bolsonaro wiederholt wegen Hustenanfällen unterbrechen. Unter den Versammelten waren auch ältere Menschen. Einen Sicherheitsabstand hielten die Demonstranten nicht ein, viele trugen keine Masken.

Der rechtsradikale Staatschef ist ein scharfer Kritiker der Ausgangsbeschränkungen, die Regional- und Kommunalbehörden im Kampf gegen das neuartige Coronavirus verhängt haben und die von parlamentarischen Führungspersönlichkeiten unterstützt werden. Anfangs bezeichnete Bolsonaro die Lungenkrankheit Covid-19 als «kleine Grippe» und den weltweiten Kampf gegen das Coronavirus als «Hysterie».

Der Richter Luis Roberto Barrozo vom Obersten Gerichtshof STF nannte es «erschreckend, Demonstrationen für die Rückkehr der Militärherrschaft zu sehen». Unter der Militärdiktatur in Brasilien von 1964 bis 1985 wurden zahlreiche Oppositionelle gefoltert und ermordet. Bolsonaro, der auch immer wieder mit rassistischen oder frauenfeindlichen Äusserungen auffällt, ist erklärter Bewunderer der brasilianischen Militärdiktatur.

Ex-Präsident Cardoso, der das Land von 1995 bis 2002 geführt hatte, rief dazu auf, die Verfassung gegen Angriffe auf die Demokratie zu schützen. Der Vorsitzende der Arbeiterpartei (PT) von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Gleisi Hoffmann, nannte Bolsonaros Auftritt das «Rezept für eine Tragödie».

Am Donnerstag hatte Bolsonaro den populären Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta entlassen, mit dem er seit Wochen über Kreuz lag. Der Minister hatte versucht, strikte Corona-Auflagen durchzusetzen.

Mehr als zwei Drittel der Brasilianer sind mit den Ausgangssperren laut einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage einverstanden. Gegen die Entlassung von Gesundheitsminister Mandetta protestierten in vielen brasilianischen Städten Menschen, indem sie an die Fenster traten und laut auf Töpfe und Pfannen schlugen.

Brasilien ist das lateinamerikanische Land mit der höchsten Zahl von registrierten Coronavirus-Infektionen. Bis Sonntag wurden dort mehr als 38.000 Fälle gezählt, mehr als 2400 Menschen starben an der Ansteckung mit dem neuartigen Erreger.

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