Griechenland hat angesichts des massiven Andrangs von Flüchtlingen nach der türkischen Grenzöffnung die höchste Alarmstufe ausgerufen.
Flüchtlinge am Grenzübergang Pazarkule
Flüchtlinge am Grenzübergang Pazarkule - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Frontex erwartet weitere Zuspitzung nach türkischer Grenzöffnung für Flüchtlinge.

Unter anderem sollen die Patrouillen an Land und zu Wasser im Nordosten des Landes verstärkt werden, wie Regierungschef Kyriakos Mitsotakis am Sonntagabend nach einer Krisensitzung des nationalen Sicherheitsrats in Athen mitteilte. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex erwartet unterdessen, dass sich die Lage an der griechisch-türkischen Grenze weiter zuspitzt.

Nach Angaben des griechischen Regierungssprechers Stelios Petsas will das Land auch einen Monat lang keine neuen Asylanträge mehr annehmen. Petsas sprach von einer «asymmetrischen Bedrohung der Sicherheit unseres Landes». Er kritisierte die Türkei, die mit der Öffnung ihrer Grenzen diplomatischen Druck ausüben wolle. Ankara sei damit «selbst zum Schlepper» geworden.

Die Türkei hindert seit dem Wochenende Flüchtlinge nicht mehr daran, von ihrem Territorium aus in die EU zu gelangen. Den Schritt begründete Ankara damit, dass sich die EU nicht an ihre Verpflichtungen aus dem 2016 mit der Türkei geschlossenen Flüchtlingspakt halte. Nach der Grenzöffnung kam es zu gewalttätigen Konfrontationen zwischen der griechischen Polizei und Flüchtlingen an der Grenze.

Frontex sagt laut der Zeitung «Die Welt» in einem vertraulichen Papier voraus, dass es zu «Massenmigrationsströmen» aus der Türkei in Richtung kommen werde. Es werde schwierig sein, den in den kommenden Tagen zu erwartenden «massiven Zustrom von Menschen» zu stoppen, zitierte das Blatt aus dem Papier. Dies gelte selbst für den Fall, dass die türkischen Behörden doch wieder dazu übergehen sollten, Grenzübertritte zu verhindern.

Das Frontex-Papier ist laut «Welt» für die politischen Entscheidungsträger der EU bestimmt. Die EU-Aussenminister wollen in diese Woche über die Lage an der griechisch-türkischen Grenze beraten. Die EU-Grenzschutzbehörde veranlasste auf Bitten Athens bereits die Entsendung zusätzlicher Beamten sowie von Ausrüstung nach Griechenland, wie eine Frontex-Sprecherin am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP mitteilte.

Auch Bulgarien verstärkte seine Sicherheitsmassnahmen an der Grenze zur Türkei. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte am Sonntag mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten Boiko Borissow über die Lage an den Grenzen, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. Borissow will am Montag in Ankara mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über die Situation sprechen. Der Bulgare ist der erste EU-Vertreter, der Erdogan nach der Grenzöffnung für Flüchtlinge trifft.

Am Wochenende hinderten die griechischen Sicherheitskräfte nach Angaben der Regierung in Athen binnen 24 Stunden fast 10.000 Migranten an einem illegalen Grenzübertritt. Zudem wurden demnach 140 Flüchtlinge festgenommen.

Die griechische Polizei drängte die Flüchtlinge am Grenzübergang Pazarkule am Samstag mit Tränengas und Wasserwerfern zurück, daraufhin warfen einige der Migranten mit Steinen. Auf der griechischen Insel Lesbos liessen wütende Inselbewohner am Sonntag rund 50 Migranten in einem Schlauchboot im Hafen von Thermi nicht an Land, wie AFP-Fotografen berichteten.

Im Flüchtlingspakt mit der EU hatte sich die Türkei dazu verpflichtet, alle auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Die EU versprach der Türkei im Gegenzug Milliardenhilfen, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.

Zuletzt war vor allem die Zahl der syrischen Vertriebenen wieder gestiegen, als Folge einer von Russland unterstützten Militäroffensive der Regierungsarmee in der nordwestlichen Provinz Idlib. Ende vergangener Woche wurden auch 34 in der Region stationierte türkische Soldaten getötet. Die Türkei reagierte darauf nach eigenen Angaben mit einer Militäroffensive gegen die syrische Armee in Idlib. Ziel sei es, «die Massaker des Regimes zu beenden und eine Flüchtlingswelle zu verhindern», sagte Verteidigungsminister Hulüsi Akar am Sonntag.

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