Mehrere Stunden früher als erwartet hat am Montagnachmittag die Abschaltung des zweiten und letzten Reaktors im elsässischen Atomkraftwerk in Fessenheim nahe der deutschen Grenze begonnen.
Das Akw in Fessenheim am Oberrhein
Das Akw in Fessenheim am Oberrhein - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Letzter Reaktor wird Stunden früher als geplant heruntergefahren .

Das älteste französische Akw soll nach dem erfolgreichen Herunterfahren des Reaktors gegen 23.30 Uhr nach 43 Jahren endgültig den Betrieb einstellen, wie der Betreiber Electricité de France (EDF) mitteilte. Der erste Reaktor des Atomkraftwerks war bereits im Februar vom Netz genommen worden.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war mit dem Aus für das rund 30 Kilometer südwestlich von Freiburg gelegene Atomkraftwerk langjährigen Forderungen aus Deutschland und der Schweiz nachgekommen. Beide Länder waren besorgt über häufige Störfälle und das Erdbebenrisiko am Oberrhein.

Ursprünglich war die Abschaltung bereits Ende 2016 geplant, der damalige Staatschef François Hollande hielt seine Zusage aber nicht ein. Paris begründete dies damals mit Verzögerungen beim Bau eines neuen Reaktors im nordfranzösischen Flamanville.

Nach dem Abschalten des letzten Reaktors wird es noch bis 2023 dauern, bis die abgebrannten Brennelemente entfernt sind, bis zum endgültigen Abbau der Druckwasserreaktoren dürften weitere 17 Jahre vergehen.

Deutsche und französische Atomkraftgegner feierten gemeinsam auf einem Rhein-Schiff das Ende des Meilers in Fessenheim. Die Grünen-Europaabgeordnete Michèle Rivasi sprach von einer wichtigen «Etappe». In Altbreisach auf der deutschen Rheinseite warteten rund 20 weitere Akw-Gegner auf die Ankunft des Schiffs.

Unter ihnen waren auch die 73-jährige ehemalige Erzieherin Cilla und ihre 77-jährige Mitstreiterin Gisela. Zehn Jahre lang hatten sie jeden Montagabend im Zentrum von Altbreisach für die Schliessung des Kernkraftwerks auf der französischen Seite demonstriert. Nun freuen sie sich, dass «es endlich abgeschaltet wird».

In Fessenheim dagegen herrschte am Montag wenig Feststimmung. Rund 2500 Menschen in der kleinen elsässischen Gemeinde fürchten um ihren Lebensunterhalt: Bis 2023 werden nur noch 294 von ihnen gebraucht, danach nur noch 60. Ende 2017 beschäftigte das Akw Fessenheim noch über tausend Mitarbeiter und Dienstleister. «Welcher Schmerz - was hier geschieht ist unmenschlich», erklärte die Gewerkschaft CGT auf Twitter.

Die Regierung hat angekündigt, die Arbeiter an anderen EDF-Standorten unterzubringen, doch viele von ihnen müssten ihre Familien zurücklassen. Auch gibt es bereits alternative Pläne für Fessenheim, darunter für den Bau einer Biokraftstoff-Anlage - allerdings dürften bis dahin Jahre vergehen. Fessenheims Bürgermeister Claude Brender hält es denn auch für «absurd und unverständlich», dass ein «gut funktionierendes» Kraftwerk, das alle Sicherheitstests bestanden habe, einfach geschlossen werde.

In Frankreich werden nach der kompletten Abschaltung des Akw Fessenheim noch 56 Druckwasserreaktoren in Betrieb sein. Nach Angaben des Netzbetreibers RTE standen sie im vergangenen Jahr für rund 71 Prozent der Stromproduktion. Das ist mit Abstand der grösste Anteil weltweit. Neben den beiden Reaktoren in Fessenheim haben auch andere die vorgesehene Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten.

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