In den Siebzigerjahren wurde LSD weltweit verboten. Zuvor hatten Psychiater mit der Droge experimentiert - sie sahen darin ein mögliches Medikament. Heute untersuchen Basler Ärzte erneut, ob die Droge psychisch Kranken helfen kann.
Löschpapierchen mit LSD: eine verbreitete Form, die Droge zu konsumieren. Bild: iStock
Löschpapierchen mit LSD: eine verbreitete Form, die Droge zu konsumieren. Bild: iStock
Albert Hofmann tüftelt in seinem Chemielabor in Basel – hier entdeckte er das LSD. Bild: Firmenarchiv Novartis AG
Albert Hofmann tüftelt in seinem Chemielabor in Basel – hier entdeckte er das LSD. Bild: Firmenarchiv Novartis AG
Keine Halluzination: So sieht LSD unter dem Mikroskop aus. Bild: MartinMicroscope.com
Keine Halluzination: So sieht LSD unter dem Mikroskop aus. Bild: MartinMicroscope.com
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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach seiner Entdeckung war LSD als Medikament in der Psychotherapie im Einsatz, später wurde die Droge verboten.
  • Erst seit kurzer Zeit gibt es wieder Forschung zu LSD – in Basel erforschen Ärzte die Wirkung gegen Angststörungen.

Jede sechste Person in der Schweiz erkrankt im Verlauf ihres Lebens an einer depressiven Störung. Eine solche wird oft mit Antidepressiva behandelt, auf die jedoch längst nicht alle Patienten gleich gut ansprechen. Neue Medikamente gegen Depressionen kommen aber kaum auf den Markt.

Dabei gäbe es eine Substanz, die schon seit Jahrzehnten existiert, medizinisch aber kaum beachtet wurde: Das Halluzinogen LSD. «Der Wirkstoff könnte eine sinnvolle Alternative sein», sagt Matthias Liechti, stellvertretender Chefarzt Klinische Pharmakologie und Toxikologie des Unispitals Basel.

Bereits kurz nach der Entdeckung der Substanz in den 1940er-Jahren haben Psychiater LSD zur Therapie eingesetzt – und damit vielversprechende Erfahrungen gemacht. Sie stellten fest, dass LSD die Stimmung aufhellen kann, etwa bei Patienten mit Depressionen oder Angststörungen. Und dass der Effekt manchmal mehrere Wochen anhält. Doch wieviel dieser beobachteten Wirkung eigentlich dem Placebo-Effekt geschuldet ist, konnte die damalige Forschung nicht klären.

Nun erforscht Matthias Liechti die Wirksamkeit von LSD in sogenannten Doppelblindstudien – also Studien, bei welchen sichtbar wird, wie stark sich die eigentliche Wirkung vom Placebo-Effekt tatsächlich unterscheidet. Aktuell untersucht er an 40 schwerkranken Patienten, ob LSD gegen Angststörungen wirkt. Andere Forschungsarbeiten mit dem verwandten Wirkstoff Psilocybin zeigten bereits, dass dieser Depressionen lindern kann. Das könnte auch für LSD gelten, glaubt Liechti. Gefährlich sind die Versuche für die Patienten nicht: «Wenn LSD unter kontrollierten, medizinischen Bedingungen eingenommen wird», sagt der Arzt, «sind entgegen dem Volksglauben bis jetzt keine langfristigen schädlichen Auswirkungen bekannt.»

Uninteressierte Pharmafirmen

Für die Pharmafirmen sei LSD nicht interessant, sagt Liechti. Denn es lässt sich damit kein Geld verdienen: Weil die Substanz schon seit 75 Jahren bekannt ist, kann man ein Medikament auf LSD-Basis nicht mehr patentieren lassen. Und wenn der positive Effekt von LSD womöglich wochenlang anhalten würde, bräuchte jeder Patient nur wenige Dosen, was einen finanziellen Gewinn weiter verunmöglichen würde.

Auch wenn die Forschung noch nicht abgeschlossen ist, können Schweizer Patienten auch heute schon in gewissen Fällen mit LSD behandelt werden. Nämlich dann, wenn alle anderen Therapien fehlgeschlagen sind und der behandelnde Arzt ein Spezialgesuch an das Bundesamt für Gesundheit stellt. Das ist weltweit einzigartig. Wenn aber die Wirksamkeit des Halluzinogens einmal wissenschaftlich erhärtet ist, kann sich Liechti vorstellen, dass der Wirkstoff vermehrt als Medikament eingesetzt wird: «Ich glaube, in zehn Jahren wird es LSD-Behandlungszentren geben.»

von Mario Nowak

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