Zwei Tage lang hat die Zürcher Staatsanwaltschaft Klima-Aktivisten in Haft behalten. Über die Verhältnismässigkeit gehen die Meinungen auseinander.
Glättli Heer Klima-Aktivisten
Die Verhaftung der Klima-Aktivisten vor der Credit Suisse wird von Alfred Heer (SVP, oben) und Balthasar Glättli (Grüne, unten) unterschiedlich beurteilt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die meisten der in Zürich verhafteten Klima-Aktivisten kamen erst nach zwei Tagen frei.
  • Die Linke ist zwar zurückhaltend mit Kritik, hinterfragt aber die Verhältnismässigkeit.
  • SVP-Vertreter begrüssen das harte Vorgehen und kritisieren primär die Aktivisten.

Schlimm sei es gewesen, sagen die Betroffenen, inakzeptabel und unannehmbar, sagt Greenpeace. Die Klima-Aktivisten, die den Eingang zum Credit-Suisse-Hauptsitz in Zürich versperrt hatten, sassen zwei Tage lang in Haft. Das scheint für eine Protestkundgebung ungewöhnlich lange. Haben Polizei und Staatsanwaltschaft überreagiert oder völlig korrekt gehandelt?

«Sachverhalt war ja klar»

Die Details könne er nicht beurteilen, sagt der Fraktionspräsident der Grünen, Balthasar Glättli. Doch: «Von aussen scheint mir eigentlich, dass der Sachverhalt ja klar war – wer hat was gemacht.» Die Polizei habe das sicher vor Ort dokumentieren können, denn «die Personen waren ja auch nicht vermummt.»

Klimaaktivisten erzählen, wie sie die 48 Stunden in Haft erlebt haben. - Nau

Natürlich könne es sein, dass die Feststellung der Personalien allenfalls länger dauere, dann sei Polizeigewahrsam angebracht. Aber dieser dürfe maximal 24 Stunden dauern, so Glättli. Die rechtliche Beurteilung könne dann vor Gericht erfolgen. Dass Aktivisten berichten, sie hätten Angehörige nicht kontaktieren können, sei sicher nicht korrekt.

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Balthasar Glättli, Fraktionspräsident und Zürcher Nationalrat der Grünen. Das Parlament muss nicht in einem Zelt tagen. - Nau.ch

«Kontakt zu einem Anwalt und eine Information der Angehörigen muss möglich sein», betont Glättli. Beziehungsweise müssten die Betroffenen freigelassen werden, wenn keine Untersuchungshaft beantragt werde.

Durchgreifen – «sonst hat man Zustände wie in Bern»

Grosse Fragezeichen punkto Verhältnismässigkeit hat auch SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf. «Die Klima-AktivistInnen verhielten sich vorwiegend friedlich und leisteten lediglich passiven Widerstand.» Die Gründe für die «drastischen Massnahmen» der Staatsanwaltschaft seien ihr nicht klar.

Anders sieht dies SVP-Nationalrat Alfred Heer: Das habe auch präventive Wirkung. «Wenn man nicht durchgreift, hat man Zustände wie in Bern, wo an Samstagen dann Saubanner-Züge abgehalten werden.» Immerhin gehe es um den Tatbestand der Nötigung: «Man musste sie losschneiden und die Leute konnten nicht arbeiten gehen.»

Klimaaktivisten blockieren den Eingang der Credit Suisse in Zürich. - Nau

Kein Mitleid mit den «Strolchen»

Der Aufenthalt in einem Polizeigefängnis sei halt kein Wellness-Weekend, kommentiert auch SVP-Nationalrat Martin Haab. «Das sollte den Klimachaoten schon zu Beginn ihrer Aktion bekannt gewesen sein», meint er lakonisch. «In der Vergangenheit wurde mit solchen ‹Strolchen› eher ‹zimperlig› umgegangen.»

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Martin Haab, Zürcher SVP-Nationalrat. - Keystone

Entsprechend hat Haab null Verständnis für die Klagen, die Einzelhaft sei belastend gewesen. «Wenn jemand psychisch eher auf der labilen Seite ist und nach einer Festnahme schon in den ersten 48 Stunden psychiatrischen Beistand nötig hat, so sollte er in Zukunft solche Aktionen eher meiden! Verbarmen ist aus meiner Sicht hier fehl am Platz.»

Klima-Aktivisten Credit Suisse
Polizisten führen Klimaaktivisten ab vor dem Eingang der Credit Suisse auf dem Paradeplatz in Zürich. (Archivbild) - Keystone

Verständnis für Aufwand und Kosten

64 Personen einzuvernehmen sei natürlich ein grosser Aufwand, betont Heer. Dass mit diesem Vorgehen auch Kosten für den Steuerzahler entstehen, liege in der Natur der Sache. Unterkunft, Verpflegung, in mindestens einem Fall auch eine Entschädigung: «Strafverfolgung ist natürlich eine teure Sache.»

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SVP-Nationalrat Alfred Heer. - Keystone

Heer hält das Vorgehen für durchwegs korrekt, das sei in der Strafprozessordnung so vorgesehen. Inhaltlich ist er mit den Klima-Aktivisten so oder so nicht einig, in der Wahl der Mittel schon gar nicht. «Ich bin auch ab und an nicht zufrieden. Deswegen kette ich mich noch lange nicht irgendwo an.»

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