Schweizer Juden enttäuscht: Keine Budgeterhöhung für mehr Sicherheit
Die nationalrätliche Finanzkommission hat gestern ihre Budgetberatung abgeschlossen. Nebst Landwirtschaft und Asyl war auch die Sicherheit von Juden Thema.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Finanzkommission des Nationalrats hat gestern ihre Budgetberatung abgeschlossen.
- Sie hat unter anderem eine Motion zur Sicherheit von religiösen Minderheiten abgelehnt.
- Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund zeigt sich enttäuscht.
Drei Tage lang berieten die Nationalrätinnen und Nationalräte in der Finanzkommission über das Budget 2024. Zwischen Absegnungen von Direktzahlungen an Landwirte oder Mittel für die Erhaltung von Schweizer Tierrassen wurden auch zahlreiche Vorhaben abgelehnt.
So etwa Kürzungen von Beiträgen an die Ukraine oder ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten. Auch Sarah Wyss (SP/BS) erhielt eine Absage für eine ihrer Anträge. Sie wollte die Mittel für die Verordnung für Massnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Minderheiten (VSMS) erhöhen. 13 Mitglieder der Finanzkommission stimmten Nein, zehn stimmten Ja.
2,5 Millionen zusätzliche Franken hätte Wyss für Sicherheitsmassnahmen zugunsten religiöser Minderheiten gewollt. Diese Minderheiten könnten in den Augen des Bundes zur Zielscheibe von «terroristischen oder gewaltextremistischen Bedrohungen» werden. Dazu gehören muslimische oder jüdische Gemeinschaften.
Jüdische Gemeinschaften müssen vier bis fünf Millionen selber ausgeben
Dieses Jahr hatte das Fedpol insgesamt 2,5 Millionen Franken für die Sicherheit von Synagogen oder jüdischen Schulen und Moscheen bereitgestellt. Noch vor drei Jahren, als die ersten Zahlungen erfolgten, waren eine halbe Million als Budget vorgesehen. Damals erhielten zehn jüdische Institutionen und eine muslimische Einrichtung die Gelder.
Die zusätzliche, nun abgelehnte Aufstockung der Mittel hätte vor allem jüdischen Menschen geholfen, beteuert der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG). Seit Beginn des Kriegs zwischen der Hamas und Israel haben antisemitische Vorfälle rasant zugenommen, so der SIG. Aber bereits vor dem 7. Oktober hätten die 2,5 Millionen für genügende Sicherheitsvorkehrungen nicht ausgereicht, «wie die Gesuche an das Fedpol in diesem Jahr zeigen».
Der SIG gehe «von vier bis fünf Millionen Franken aus, die jüdische Gemeinden und jüdische Einrichtungen» selber investieren müssten. Die jüdische Gemeinschaft könne «nicht abwarten, ob nötige Sicherheitsmassnahmen eventuell durch den Bund unterstützt werden oder nicht».
Die Organisation ruft zudem in Erinnerung: «Der Schutz der jüdischen Menschen ist in der Schweiz Aufgabe des Staates.» Dieser könne sich seiner Verantwortung nicht entziehen. Der Nationalrat müsse Gegensteuer geben gegen die ablehnende Haltung seiner Finanzkommission, fordert der SIG.
Vonseiten der muslimischen Gemeinschaft wird die Mitteilung der jüdischen Organisation ernst genommen. Önder Günes, Vorstandspräsident der Föderation islamischer Dachorganisationen (FIDS), sagt zu Nau.ch: «Wenn der SIG sagt, das Geld reiche nicht aus für die Anzahl Gesuche, ist das ein Indikator; die Mittel sollten aufgestockt werden.»
Die FIDS müsse innerhalb der muslimischen Gemeinschaft aber noch Aufklärungsarbeit leisten, glaubt Günes. Viele wüssten gar nicht, dass sie Mittel für ihre Sicherheit beantragen könnten. «Unbestritten ist, dass der Schutz religiöser Minderheiten sehr wichtig ist.»
Gleiches gelte für die Bundesgelder: «Man fühlt sich ernst genommen und akzeptiert, wenn die Sicherheit der Gemeinschaft finanziell unterstützt wird.» Von daher sei die Bundesverordnung «sehr hilfreich».