Laut Bundesrat nehmen die Schulen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Radikalisierung von Jugendlichen ein. Lehrerpräsident Beat Zemp will trotzdem nicht, dass Lehrkräfte ihre Schüler überwachen.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat stellte Anfang der Woche einen Aktionsplan gegen Radikalisierung vor.
  • Eine wichtige Rolle übernehmen darin Lehrpersonen.
  • Lehrerpräsident Beat Zemp steht diesen Plänen allerdings kritisch gegenüber.

Karsten Jung unterrichtete vor vier Jahren an einem beruflichen Gymnasium in Süddeutschland. In seiner Klasse: Nadim*, ein gläubiger Muslim aus akademischem Elternhaus. Eines Tages kam dieser nicht mehr zur Schule. Für Jung ein Schockerlebnis: «Es gab Hinweise, doch ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.» Deshalb schrieb er ein Buch, das anderen Lehrpersonen helfen soll. Denn: «Schüler Radikalisieren sich nicht von heute auf morgen», sagt Jung.

Laut der «Aargauer Zeitung» haben sich alleine in Deutschland in den letzten Jahren über 900 Personen radikalisiert und sind nach Syrien oder in den Irak gereist – darunter viele Jugendliche.

Auch in der Schweiz können sich Schüler radikalisieren. Jung geht in der «Aargauer Zeitung» davon aus, dass es sich hierbei mindestens um ein Kind pro Kanton handelt – in den Städten stärker als auf dem Land. Deshalb will nun auch der Bundesrat handeln. Anfang Woche hat er einen nationalen Aktionsplan gegen Radikalisierung vorgestellt. Darin nehmen Lehrpersonen eine wichtige Rolle ein. «Wir wollen eingreifen, bevor es zu spät ist», sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga.

Lehrerpräsident Beat Zemp steht diesen Plänen allerdings kritisch gegenüber. «Wir sind keine Mitarbeiter des Geheimdienstes», sagt er zur Zeitung. Zwar würden sie auffälliges Verhalten den Fachstellen für Gewaltprävention melden, es könne aber nicht sein, dass Lehrer ganze Klassen systematisch überwachen oder Facebook-Seiten der Kinder durchforsten sollen. Das Vertrauensverhältnis zu den Schülern und Eltern dürfe nicht zerstört werden.

Im Dezember haben die Schüler in Oetwil ZH "ufzgifrei".
Im Dezember haben die Schüler in Oetwil ZH "ufzgifrei". - Keystone
Beat W. Zemp
Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Dachverbandes Schweizer Lehrerinnen und Lehrer. - Keystone
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