Der grüne Nationalrat und Rinderbauer Kilian Baumann kritisiert die Fleischlobby scharf. Er fordert, dass der Bund Proviande-Werbung nicht mehr mitfinanziert.
Kilian Baumann
Kilian Baumann hält von der Proviande-Werbung wenig. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Proviande hebt in einer Kampagne angebliche Umweltvorteile von Schweizer Fleisch hervor.
  • Der grüne Rinderbauer Kilian Baumann will Proviande nun die Bundesgelder entziehen.

Nau.ch: Proviande wirbt damit, dass bei der Rindfleischproduktion in der Schweiz massiv weniger Wasser verbraucht wird als angenommen. Stimmen Sie dem zu?

Kilian Baumann: Bei Wasser-Bilanzen wird oft mit Daten aus den USA oder Südamerika gerechnet. Bei der sogenannten Feedlot-Haltung ist der Wasserverbrauch tatsächlich immens, weil sehr viel Mais und Kraftfutter verfüttert wird – also Ackerbau betrieben wird – um die Tiere zu ernähren. Bei einem Tier, das auf einer Schweizer Weide lebt, Wasser aus einer Quelle trinkt und im Winter Heu und Grassilage frisst, ist der Wasserverbrauch deutlich geringer.

Dann hat Proviande also recht?

Nein, denn Weidehaltung gibt es vor allem bei Label-Produkten – Schweizer Fleisch ist aber kein Nachhaltigkeitslabel. Bei dieser konventionellen Mast sieht die Wasser-Bilanz nämlich deutlich schlechter aus. Es wird Mais und Kraftfutter verfüttert. Und weil es immer längere Trockenphasen gibt, in denen Ackerkulturen bewässert werden müssen, steigt der Wasserverbrauch. Die Werbung von Proviande ist absichtlich irreführend und schadet schlussendlich sogar uns Label-Fleischproduzenten.

Rind
Ein Rind frisst viel Getreide und Raufutter, ehe es geschlachtet wird. - Keystone

Warum?

Die Bevölkerung erhält so das Gefühl, dass es um Tiermast hierzulande gutstehe und ist weniger bereit etwas zu verbessern. Proviande wirbt absichtlich mit Rindfleisch, was sehr geschickt ist. Denn bei den Kühen ist der Weide-Anteil sehr hoch, anders als beispielsweise beim Poulet. Wird allerdings Fleisch für die Gastronomie produziert, leben auch die Rinder oft in Hallen, erhalten Mais und Kraftfutter und sehen nie eine Weide.

Es ist allerdings der Job von Proviande, Schweizer Fleisch zu bewerben.

Dass die Fleischlobby den Fleischkonsum schönredet ist ihre Aufgabe. Problematisch ist allerdings, dass das Geld von Proviande mehrheitlich aus der Bundeskasse stammt. Damit wird auch Stimmung gegen die Gewässerschutz- oder die Massentierhaltungs-Initiative gemacht. Das ist höchst problematisch, denn der Bund hat Nachhaltigkeitsziele.

Parlament
Das Parlament pocht auf eine bundesrätliche Strategie für die künftige Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU. Ignazio Cassis konnte sich im Nationalrat knapp nicht durchsetzen. (Symbolbild) - Keystone

Was schlagen Sie vor?

Es geht zwar um vergleichsweise kleine Beträge, trotzdem muss der Bund die Subventionierung von Fleischwerbung beenden. Bisher ist das Vorhaben im Parlament immer gescheitert. Für konkrete Nachhaltigkeitsmassnahmen sind viele Parlamentarier nicht bereit.

Seit dem Grün-Rutsch vergangenen Herbst sind die Kräfte aber anders verteilt.

Genau. Ich werde darum in der nächsten Session einen Vorstoss einreichen, mit dem Ziel, die Proviande-Propaganda zu stoppen. Die Fleischwerbung ist nicht nur tendenziös, sondern auch verfassungswidrig.

Kuh Grasland
Die Schweiz als Grasland bietet viel Fläche, um Kühe zu halten. - Keystone

Inwiefern verfassungswidrig?

Gemäss dem Artikel für Ernährungssicherheit muss die Lebensmittelproduktion standortangepasst sein. Das ist bei der Weidehaltung von Rindern der Fall, nicht aber bei der Pouletmast. Denn dafür wird massiv Futter importiert, was die Umwelt stark belastet. Wir können nicht ewig Nährstoffe aus Südamerika importieren.

Ist eine umweltfreundliche Fleischproduktion überhaupt möglich?

Drei Viertel der Schweizer Landwirtschaftsfläche sind Grünland, welches wir fast nur über das Tier nutzen können. Damit können wir nachhaltig Milch, Käse und Fleisch produzieren. Als Bauernvertreter bin ich Verfechter dieser Kultur.

Auch ich esse Fleisch. Aber wir müssen den Konsum stark zurückfahren. Unsere Produktion im Inland muss so ausgerichtet sein, dass wir unsere Ökosysteme nicht kaputt machen. Schweine und Hühner sollten nur mit Nebenprodukten gefüttert werden – wie es früher normal war.

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