Zu radikal und schädlich für die Landwirtschaft: Der Nationalrat hat am Donnerstag die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen zerpflückt. Die Mehrheit der Parteien hält die Einschränkungen für übertrieben.

Das Raumplanungsgesetz schütze den Boden nicht gut genug, kritisierte der Fraktions-Chef der Grünen, Balthasar Glättli. Jeden Tag würden in der Schweiz acht Fussballfelder überbaut, rief er in Erinnerung. «Hören wir endlich auf, den Boden zu opfern.» Dieser sei die knappste nichterneuerbare Ressource und müsse dringend geschont werden – «unseren Kindern und der Schweiz zuliebe».

Reihenhäuser in Mutschellen AG: Die Zersiedelungsinitiative will weitere Einzonungen verbieten. Ausser es wird ausgezont.
Reihenhäuser in Mutschellen AG: Die Zersiedelungsinitiative will weitere Einzonungen verbieten. Ausser es wird ausgezont. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen hat im Nationalrat einen schweren Stand.
  • Sie sei zu radikal mit ihrer Forderung nach einem Bauzonen-Moratorium.
  • Unterstützung gibt es lediglich von den Grünen und einem Teil der SP.

«Die Initiative will, dass wir den ländlichen Raum zum Heidiland machen», sagte BDP-Nationalrat Hans Grunder im Namen seiner Fraktion. «Wir haben den Ballenberg, das reicht.» Die Initiative würde aber die Landwirtschaft abwürgen zugunsten eines «Museums Schweiz».

Dass die Schweiz haushälterisch mit dem Boden umgehen muss, stellte in der zivilisiert geführten Debatte niemand in Abrede. Die Mehrheit der Redner stellte sich allerdings klar gegen das Volksbegehren. Die Initiative wolle den Status quo einfrieren und sei zu unflexibel, lautete der Tenor. Ausser den Grünen lehnen sie deshalb fast alle Fraktionen ab. Die SP ist gespalten.

Die ganze Schweiz ein Heidiland? Das ist dem BDP-Nationalrat Hans Grunder zuviel Heimatschutz. - Nau

Umstrittenes Moratorium

Die Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» verlangt, die Ausdehnung der Bauzonen gesamtschweizerisch auf unbestimmte Zeit zu stoppen.

Bei Einzonungen soll künftig eine gleiche Landfläche von vergleichbarer Qualität ausgezont werden. Dies soll Anreiz sein, vorhandenes Bauland effizient zu nutzen anstatt immer mehr Grünland zu verbauen. Das Bauen ausserhalb der Bauzone wollen die Initianten begrenzen.

Für Grünen-Fraktionspräsident und Neo-Vater Balthasar Glättli ist klar: Denkt an die Enkel! - Nau

Über Nacht zum Millionär

Parteikollege Bastien Girod scheute sich nicht, die Bauern frontal anzugreifen. «Es gibt viele Profiteure bei der Zersiedelung, und viele Bauern gehören dazu», hielt er fest. Denn bei einer Einzonung würden manche Bauern über Nacht zu Millionären.

Die Zuwanderung ist das Problem, konstatiert SVP-ler Andreas Glarner. Die Zuwanderung ist bei der SVP immer das Problem, weiss Bastien Girod von den Grünen. - Nau

Die liebe Zuwanderung

Die SVP ortete die eigentliche Ursache für die zunehmende Zersiedelung an einem anderen Ort. «Wenn wir in der Schweiz weniger Fläche verbauen wollen, dann müssten wir konsequenterweise bei der Zuwanderung ansetzen», fügte Toni Brunner nach seinem Votum als Kommissionssprecher bei. «Das wäre der beste Bodenschutz.»

Dieses Argument liess der Grünen-Nationalrat Girod nicht gelten. Es sei vielmehr so, dass auch in Gemeinden, in denen die Bevölkerungsentwicklung stabil oder rückläufig sei, munter eingezont und zersiedelt werde. Demgegenüber würden im bevölkerungsreichen Zürich keine grünen Wiesen mehr verbaut, sondern verdichtet gebaut.

Zur Abstimmung gelangte der Rat noch nicht: Die Diskussion wird kommende Woche fortgesetzt. Gleich wie der Bundesrat hat sich der Ständerat bereits gegen die Initiative ausgesprochen.

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