Lange zeigte sich der Ur-«Mr.Corona» Daniel Koch optimistisch. Die steigenden Fallzahlen beunruhigen ihn aber. Im Interview warnt er vor einer zweiten Welle.
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Daniel Koch ist der ehemalige Leiter der Abteilung für Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Corona-Neuinfektionen haben innert wenigen Tagen sprunghaft zugenommen.
  • Daniel Koch zeigt sich darob beunruhigt. Eine zweite Welle lasse sich aber verhindern.
  • Der ehemalige BAG-Mann mahnt zu Vorsicht im privaten Rahmen.
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Daniel Koch hier, Daniel Koch da. Auch nach seiner Pensionierung bleibt die Einschätzung des einzig wahren «Mr. Corona» gefragt. Den ganzen Sommer hindurch gab er sich optimistisch, trank kürzlich gar ein Corona-Bier und sagte von einer Titelseite: «Im Sommer 2022 ist Corona gegessen.»

Parallel zu seinen öffentlichen Auftritten engagierte sich Koch auch dafür, dass Grossanlässe wieder stattfinden können. So hat er etwa den SC Bern bei dessen Schutzkonzept unterstützt. Die Botschaft: Wir haben die Situation im Griff.

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Daniel Koch war bis im Frühling 2020 Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim Bundesamt für Gesundheit. - Keystone

Nun aber zeigt sich der 65-Jährige im Nau.ch-Interview beunruhigt. Daniel Koch glaubt zwar, eine zweite Welle sei noch zu verhindern. Doch dazu brauche es einen Effort von allen Involvierten.

Nau.ch: Herr Koch, Sie haben nun wiederholt gesagt, die Schweiz werde die Pandemie in den Griff bekommen. Nun steigen die Zahlen rapide. Sind Sie beunruhigt?

Daniel Koch: Es ist zu früh für eine abschliessende Bilanz. Aber ja, ich bin beunruhigt. Wenn die Zahl der Neuinfektionen in diesem Mass zunimmt, steuern wir leider voll auf eine zweite Welle zu.

Nau.ch: An welchen Indikatoren machen Sie das fest?

BAG Coronavirus Zahlen
Die jüngsten Corona-Zahlen des Bundesamts für Gesundheit machen Daniel Koch Sorgen. - Twitter/BAG

Daniel Koch: Am Tempo des Anstiegs und der steigenden Positivitätsrate bei gleichbleibendem Testvolumen. Nun braucht es gezielte Massnahmen, um die Situation wieder voll in den Griff zu bekommen. Diese sollten möglichst so ausgestaltet sein, dass sie Wirtschaft und Gesellschaft nicht schmerzen.

Nau.ch: Sie plädierten für die Durchführung von Grossanlässen, beraten unter anderem den SC Bern. Die Auswirkung dieser Öffnung ist in den aktuellen Zahlen aber noch nicht abgebildet.

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In der PostFinance-Arena in Bern sind wieder Zuschauer zugelassen. - Keystone

Daniel Koch: Das ist richtig, bedeutet aber auch: Die wieder stattfindenden Grossanlässe sind nicht Treiber der steigenden Fallzahlen. Die Schutzkonzepte im Sportbereich sind ausgeklügelt und werden funktionieren, wenn sich alle daranhalten. Aber klar: Kommen wir in eine zweite Welle, muss alles wieder infrage gestellt werden. Noch aber lässt sich das verhindern.

Nau.ch: Ist der Kanton Bern hier mit der rigorosen Maskenpflicht ein Vorbild?

Daniel Koch: Eine Maskenpflicht in Läden ist insofern verkraftbar, weil sie eben niemandem wirklich wehtut. Den Effekt werden wir allerdings erst in der Zukunft wirklich abschätzen können.

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Gesundheitsdirektor des Kantons Bern Pierre Alain Schnegg (SVP). - keystone

Als sinnlos erachte ich eine absolute Maskenpflicht ausserhalb der eigenen Wohnung, wie das etwa in Italien praktiziert wird. Mit Abstand steckt sich draussen niemand mit dem Virus an.

Nau.ch: Was sagen Sie zu Feiern im privaten Umfeld? Alain Berset mahnte diese Woche, hier Vorsicht walten zu lassen.

Daniel Koch: Das ist eine schwierige Frage, ich habe hier keine allgemeingültige Antwort. Es kommt sehr darauf an, unter welchen Bedingungen das Fest stattfindet und ob Risikopersonen dabei sind. Eine Geburtstagsparty mit Dutzenden Leuten und Alkoholkonsum ist aber aktuell auch unter 20-Jährigen definitiv keine gute Idee.

Nau.ch: Droht mit den tieferen Temperaturen ein zweiter Lockdown?

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Alain Berset marschiert mit seinem Kommunikationschef Peter Lauener (M.) und dem damaligen BAG-Mann Daniel Koch durch die Stadt Bern. - Keystone

Daniel Koch: Davon sind wir noch weit entfernt. Aber klar, das Ende des Sommers macht sich epidemiologisch überall in Europa bemerkbar. Ich bin dennoch überzeugt, dass die Schweiz eine zweite Welle verhindern kann. Zentral bleibt weiterhin, die Ansteckungsorte zu kennen und Infektionsketten konsequent zu durchbrechen. Wichtig bleiben die elementaren Regeln, die seit dem Frühling gelten: Abstand halten und Hände waschen!

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