Morgen Mittwoch wird der Bundesrat neu gewählt. Schafft es die grüne Regula Rytz? Hier erfahren Sie das Neuste im Liveticker.
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Personen kommen im Hotel Bellevue an die «Nacht der langen Messer», am Dienstag, 19. September 2017 im Hotel Bellevue in Bern. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am Mittwoch wählt die Bundesversammlung die Landesregierung für die nächsten vier Jahre.
  • Im Fokus stehen die grüne Regula Rytz und der attackierte FDP-Mann Ignazio Cassis.
  • Im Ticker erfahren Sie alles aus dem Bundeshaus und aus der «Nacht der langen Messer».

Es ist so weit: Am Dienstag kommunizieren die letzten Parteien, wen sie am Mittwoch Morgen in den Bundesrat wählen wollen. Den Anfang macht die SP, danach folgt die GLP. Nau.ch hält Sie auf dem Laufenden.

22:00 Entspannte Lage bei der SVP: Am Tisch der SVP wird morgen keine Überraschung erwartet. Bei Sandra Sollberger, Fraktionschef Thomas Aeschi, Christian Imark, Thomas Matter, Parteipräsident Albert Rösti und Mauro Tuena wird über alles andere gesprochen als die morgigen Wahlen.

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Die SVP-Runde ist entspannt. - Nau

21:45 Club-Teilnehmer müssen in Züri talken: Während in Bern die Gläser klingen und sich die Politiker-Klasse im Bellevue trifft, diskutieren einige Parlamentarier im «SRF» Club in Zürich über die morgige Bundesratswahl. Dem abgewählten Nationalrat Filippo Lombardi und alt SP-Nationalrat Rudolf Stram kanns egal sein, sie sind nicht mehr Teil der Bundesversammlung.

FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber und SVP-Ständerat Werner Salzmann hingegen dürften lieber im Bern bei ihren Bundeshaus-Kollegen diskutieren wollen, statt von 22:25-23:45 live im Zürcher Leutschenbach.

21:15 Nacht der toten Hose?: Im Bellevue herrscht gähnende Leere. Neben dem glitzernden Weihnachtsbaum schmücken lediglich einige Journalisten die noblen Räume des Edelhotels.

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Der Weihnachtsbaum und eine Hand voll Päckli. Und einige Journalisten.
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Sitzgelegenheiten wären vorhanden.

20:15 Politologe Longchamp zur Ausgangslage: Für den Politikwissenschaftler Claude Longchamp ist klar, dass Regula Rytz morgen nicht gewählt wird. «100 Stimmen in der Bundesversammlung wäre ein Erfolg für Regula Rytz und die Grünen, unter 80 wäre dann sicher eine Enttäuschung.» Ausserdem äussert sich Longchamp zu den Alternativen und zum Vorgehen der Grünen.

Politologe Claude Longchamp zu den Chancen der Grünen auf einen Bundesratssitz. - Keystone-SDA

19:30 Keine Messer in Sicht: Der Abend im Hotel Bellevue plätschert gemütlich vor sich hin. Nachdem sich die GLP-Fraktion nicht voll hinter Rytz stellen will, gibt es vor der morgigen Bundesratswahl nicht mehr viel zu konspirieren.

16:50 Grünliberale im Dilemma: Die GLP hat Regula Rytz schon letzte Woche zum Hearing empfangen und auch FDP-Bundesrat Ignazio Cassis angehört. «Wir stehen zur Konkordanz und das ist keine Banalität», betont Fraktionschefin Tiana Moser. Genau das macht es offenbar sehr schwierig für die Grünliberalen, sich zu entscheiden. «Die Stimmen werden sich verteilen», sagt Moser, will aber nicht sagen, in welchem Verhältnis.

Interview mit Tiana Moser, Fraktionspräsidentin Grünliberale. - Nau

Einerseits sei der Sitzanspruch der Grünen nachvollziehbar, andererseits wäre die Linke mit zwei SP-lern und einer Grünen übervertreten. Übervertreten sei aber auch die FDP mit zwei Sitzen. Und: Die Stimme der Ökologie müsse im Bundesrat gehört werden. Einen amtierenden Bundesrat abwählen, noch dazu einen Tessiner, schade dagegen dem System.

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Tiana Angelina Moser, Fraktionschefin der Grünliberalen, erklärt sich am Dienstagnachmittag vor den Medien. - Nau

Nicht wirklich eingehen will Moser auf den mehrfach von Journalisten vorgebrachten Ausweg aus dem Dilemma: Eine grünliberale Kandidatur. Moser lässt aber durchblicken, dass man leicht verschnupft sei, weil die Grünen ohne Absprache vorgeprescht sind. Eins sei klar: Die Zauberformel könne in dieser Form keinen Bestand haben.

16:00 SP bestätigt Rytz Bundesrats-Format: Nach rund einer halben Stunde Diskussion tritt SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann vor die Kameras. Man habe Rytz angehört und viele Fragen gestellt, aber eines sei ganz klar: «Frau Rytz hat das Format für eine Bundesrätin. Sie wäre eine ausgezeichnete Bundesrätin, keine Frage.»

Interview mit Roger Nordmann, Fraktionspräsident SP. - Nau

Die andere Frage sei, ob man die Zusammensetzung des Bundesrats anpassen müsse – die gleiche Auslegeordnung also, die auch Rytz selbst schon formulierte.

Die SP spricht sich einstimmig bei drei Enthaltungen dafür aus: «Ja, man muss die Zusammensetzung anpassen.» Und zwar mit der Formel 2:2:1:1:1:, also zwei Sitze für SVP und SP und je einen für FDP, CVP und Grüne. Angreifen will die SP aber ausschliesslich den Sitz von Ignazio Cassis. Den zweiten FDP-Sitz von Karin Keller-Sutter will man nicht antasten.

15.30: Rytz mit «gutem Gefühl» nach SP-Treffen: Der Applaus ist freundlich und auch durch die geschlossenen Türen des Sitzungszimmers der SP-Frakion gut zu hören. Sie habe ein gutes Gefühl für den morgigen Wahltag, sagt Regula Rytz lächelnd in die Kameras.

Grünen-Präsidentin Regula Rytz im Interview nach dem Hearing bei der SP. - Nau

Beim Hearing ging es offenbar weniger ums Kennenlernen der Kandidatin – die hoffentlich bekannt ist – sondern um inhaltliche Fragen. «Wir haben sehr intensiv über die grossen Herausforderungen dieser Legislatur gesprochen und den Spielraum für eine progressive Politik.»

Es sei klar, dass dies keine normalen Bundesratswahlen seien, so Rytz: Keine Ersatzwahlen mit mehreren Kandidaten. «Es sind Wahlen nach einer grossen und historischen Verschiebung, einem Wunsch der Wähler, die Umweltpolitik auch im Bundesrat zu stärken.»

Weil kein Platz frei sei, gebe es auch kein Standardverfahren. «Das Parlament muss morgen entscheiden, ob die Grünen mitentscheiden sollen in der Bundesregierung, und ob ich als Person fähig bin, in so einer Regierung mitzuarbeiten.»

Die Unterstützung der Genossen ist Rytz indes sicher: Einstimmig, bei drei Enthaltungen, sprach sich die SP am Dienstagnachmittag für die grüne Kandidatin aus.

Interview mit Regula Rytz. - Nau

15.00: Voller Hoffnung zur SP: Regula Rytz zeigt sich vor dem Hearing bei der SP als Bundesratskandidatin zuversichtlich. «Sowohl der Partei- wie der Fraktionspräsident haben bisher immer klar gesagt, dass die Wahlen auch im Bundesrat eine Auswirkung haben müssen.» Dass sich zwei SP-Frauen bereits im Vorfeld kritisch zum Anspruch der Grünen geäussert haben, relativiert Rytz. Sie habe das so verstanden, dass man vor allem Angst vor Angriffen auf die SP selbst habe. «Das ist aber ganz sicher nicht unser Ziel.»

Vor der Nacht der langen Messer

Am Abend steht dann die «Nach der langen Messer» an. Krethi und Plethi der Schweizer Politik- und Medienszene treffen sich im Berner Edelhotel «Bellevue» zur sagenumwobenen Nacht. Journalisten halten Ausschau nach konspirativen Treffen und spitzen die Ohren, wenn Politiker die Köpfe zusammenstecken.

Dass in unmittelbarer Bundeshaus-Nähe an der Bar tatsächlich Strippenzieher noch einen Coup landen, ist allerdings äusserst unwahrscheinlich.

Nacht der langen Drinks?

Doch wieso das Tamtam um den Vorabend von Bundesratswahlen? Der Begriff der langen Messer geht auf das Jahr 1983 zurück, als es um die Nachfolge des im Amt verstorbenen SP-Bundesrats Willy Ritschard ging.

Quasi über Nacht bauten FDP-Strippenzieher Otto Stich auf, der sich am nächsten Morgen gegen die offizielle SP-Kandidatin Lilian Uchtenhagen durchsetzte. Zu einem Revival kamen die langen Messer dann 2007, als Mitte-Links der Coup gelang, Christoph Blocher (SVP) durch Eveline Widmer-Schlumpf zu ersetzen.

Seither würde die «Nacht der langen Drinks» das Treiben in Bern treffender umschreiben. Denn tatsächlich ist der Vorabend von Bundesratswahlen zu einem Stelldichein des Berner Politkuchens geworden. Dazu gesellen sich auch prominente Journalisten und Experten, die sonst selten im Bundeshaus anzutreffen sind.

Diskutiert wird dabei mangels Geheimplänen vielleicht auch über den Ursprung des Begriffs der langen Messer. Historiker nennen ein Massaker an britischen Adligen im Jahre 450 – und später Hitlers Röhm-Putsch, bei dem der Diktator 1934 potentielle Konkurrenten ermorden liess.

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