Behörden wollen Schwachstellen im Asylsystem rasch beseitigen
Bund, Kantone und Gemeinden wollen das Asylsystem modernisieren – mit schnelleren Verfahren, klareren Abläufen und mehr Sicherheit.

Nicht abgebauter Pendenzenberg an Gesuchen, schwierige Rückführung von abgewiesenen Personen, kriminelle Taten um Zentren: Das Schweizer Asylsystem hat auch sechs Jahre nach der letzten grossen Reform Schwachstellen. Bund, Kantone und Gemeinden wollen nun handeln.
Justizminister Beat Jans strich zu Beginn der Medienkonferenz zur neuen Asylstrategie 2027 am Freitag in Bern das Positive hervor: «Das Asylsystem hat sich grundsätzlich bewährt, trotz Pandemie und grosser Flüchtlingsbewegungen.» Ein Systemwechsel stehe nicht zur Debatte.
In den vergangenen Jahren hätten alle Schutzsuchenden – selbst in heiklen Zeiten – stets eine Unterkunft gehabt, die Verfahren seien rechtsstaatlich korrekt abgelaufen, betonte Jans. Als Beleg für letztere Aussage fügte er an, dass fast nie ein Asylentscheid des Staatssekretariats für Migration (SEM) vor dem Bundesverwaltungsgericht umgekehrt werde.
Schneller entscheiden
Dennoch gibt es laut Jans weiterhin Verbesserungspotenzial, welches der Bund nun zusammen mit den Kantonen, Gemeinden und Städten angehen wolle. «Das Asylwesen ist eine Verbundaufgabe.» Kurz gesagt brauche es künftig schnellere Asylentscheide, schnellere Rückkehren von nicht Schutzbedürftigen und eine schnellere Integration von anerkannten Flüchtlingen.
Eine extern in Auftrag gegebene Analyse habe gezeigt, dass das Asylsystem zeitweise an die Belastungsgrenze komme. «Es sind Pendenzen entstanden, Verfahren ziehen sich teilweise zu lange hin», sagte Jans. Er forderte in diesem Zusammenhang, dass die Gerichte schneller werden müssten. «Das neue Nadelöhr ist beim Bundesverwaltungsgericht.» Das SEM werde – Stand heute – Ende 2026 alle Pendenzen abgebaut haben.
Verbesserungsbedarf sieht der Justizminister aber auch in der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Staatsebenen. «Bei einem erneuten raschen Anstieg der Asylgesuche müssen wir schneller handeln.» Es gehe um gegenseitige Hilfe bei der Suche nach Unterkünften, aber auch um eine verbesserte Integration von schutzbedürftigen Personen.
Härteres Vorgehen bei Straffälligen
Ein weiteres Thema ist die Sicherheit. Im Umgang mit straffälligen Personen brauche es schärfere Gesetze, hielt der Berner Regierungsrat Philippe Müller fest. «Es ist zentral, dass sich Personen an unsere Regeln halten», sagte das Vorstandsmitglied der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD).
Wenn es zu Übertretungen komme, sei eine entschlossene Reaktion nötig. «Personen, die sich illegal in der Schweiz aufhalten, sollen unser Land rasch verlassen müssen.» Seit Kurzem befasst sich eine Taskforce mit dem Thema. Anfang 2026 sollen erste Ergebnisse vorliegen, im Sommer soll ein Bericht folgen, so Müller.
Aus Sicht der KKJPD braucht es beispielsweise schärfere Regeln, damit gegen wiederholt straffällige Personen aus dem Asylsystem – oft sind dies laut Müller Personen aus dem Maghreb – Haft und Ausschaffung angeordnet werden können. «Es kann nicht sein, dass Kriminelle untertauchen und nicht mehr auffindbar sind.»
Politisches Mandat
Die zwangsweise Ausreise funktioniere mit einigen Ländern nicht gut, sagte Müller. «Wenn sich ein Staat weigert, Personen aufzunehmen, müssen wir auf verschiedenster Ebene Druck ausüben – etwa bei der Entwicklungshilfe oder bei der Ausbildungszusammenarbeit.»
Entlang eines gemeinsam beschlossenen politischen Mandats mit sieben strategischen Stossrichtungen wollen die Behörden nun konkrete Massnahmen ausarbeiten. «Ab Montag beginnen wir mit der Umsetzung», sagte Jans. Er gab zu, dass dieser Teil der Arbeit anspruchsvoll werde.
Geprüft werden soll die Einführung eines vorgelagerten Verfahrens für Personen, die praktisch keine Chance auf Asyl haben. Bund, Kantone, Gemeinden und Städte wollen nach eigenen Angaben zudem eine klare Regelung für die Aufhebung des Schutzstatus S oder den Übergang zum Status B nach fünf Jahren erarbeiten.
Politische Spannungen
Der Walliser Staatsratspräsident Mathias Reynard, gleichzeitig Präsident der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), sprach die zuweilen emotionale und ideologische Diskussion rund um die Asylpolitik an. Aaraus Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker, Präsident des Schweizerischen Städteverbands (SSV), erwähnte die zuweilen ungenügende Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen.
Auch für die Gemeinden sei die Situation in den vergangenen Jahren «nicht ganz spannungsfrei» gewesen, sagte Jörg Kündig, Gemeindepräsident von Gossau ZH und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV). Er monierte, dass die Pendenzen beim SEM eindeutig zu lang seien.
Kritik der Flüchtlingshilfe
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe kritisierte am Freitag in einer Mitteilung «blinde Flecken der Asylstrategie 2027». Diese sollte aus ihrer Sicht stärker auch auf den Flüchtlingsschutz setzen, etwa bei der Rechtsungleichheit zwischen Flüchtlingsgruppen und dem erodierenden Schutz der Kriegsvertriebenen.
Laut der Flüchtlingshilfe gibt es weitere breit anerkannte systemische Mängel, die aussen vor blieben, namentlich bei der Gewaltprävention, der konsequenten Umsetzung der Uno-Kinderrechtskonvention oder im Bereich der Standards für private Sicherheitsdienstleistungen. Zudem gebe es auch bei der vorläufigen Aufnahme «dringenden Revisionsbedarf».






