Auch staatliche Gläubiger müssen Schuldner neu auf Konkurs betreiben. In diesem Sinne hat der Nationalrat am Mittwoch die letzte inhaltliche Differenz zum Ständerat im Rahmen der Revision des Konkursgesetzes bereinigt. Die Ratslinke wehrte sich vergeblich für ein Wahlrecht für staatliche Stellen.
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Der Schweizer Nationalrat. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Demnach hätten Stellen wie die Steuerverwaltung oder die Suva situationsbedingt entscheiden können sollen, ob sie eine Betreibung auf Pfändung oder Konkurs fortsetzen wollen.
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Der Zwang zum Konkurs sei ein Paradigmenwechsel mit langfristig negativen Folgen, sagte Florence Brenzikofer (Grüne/BL).

Wenn man den Staat zum Konkursverfahren zwinge, werde das sehr teuer, und die neue Regel sei zudem nicht umsetzbar, sprach sich auch Tamara Funiciello (SP/BE) für ein Wahlrecht aus. Darauf hätten auch die Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz in einem Brief hingewiesen. Gut gemeint sei nicht immer gut gemacht.

Sechzig Prozent aller Konkursverfahren würden mangels Aktiven eingestellt, gab Judith Bellaïche (GLP/ZH) zu bedenken. Allein die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) führe jährlich 70'000 Verfahren durch, dies bei Kosten von 1500 bis 2000 Franken pro Verfahren. Diese Kosten stünden in keinem Verhältnis zur Wirkung.

Die bürgerliche Ratsmehrheit setzte sich aber schliesslich durch und der Rat schwenkte mit 94 zu 77 Stimmen bei 3 Enthaltungen auf die strengere Version des Ständerats um. Dies, nachdem auch Justizministerin Karin Keller-Sutter ausgeführt hatte, der Bundesrat könne mit der Lösung «sehr gut leben».

Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) zeigte sich überzeugt, dass ein Wahlrecht für die öffentliche Hand dazu führe, dass diese Stellen in der Tendenz immer auf Pfändung betreiben würden. Und dies sei nicht im Sinne, missbräuchliche Konkurse besser zu verhindern, assistierte Christian Lüscher (FDP/GE). Konkursite Firmen sollten nicht im Markt bleiben und andere Unternehmen weiter konkurrenzieren können.

Das Geschäft geht trotz der Bereinigung wegen einer letzten offenen formalen Differenz noch einmal zurück an den Ständerat.

Bei der Ausgestaltung des bundesgerichtlich gestützten Verbotes des Mantelhandels hatte sich der Ständerat bereits früher der engeren Fassung des Nationalrats angeschlossen. Diese will, dass Anteile von faktisch pleitegegangenen Unternehmen nur verkauft werden dürfen, wenn es sich um überschuldete Gesellschaften ohne Geschäftstätigkeit und Aktiven handelt. Der Ständerat wollte ursprünglich ein umfassendes Verbot.

Auch bei der eingeschränkten Revisionspflicht, dem sogenannten Opting-out, war der Ständerat der Version des Nationalrats gefolgt. Er votierte für die Abschaffung des rückwirkenden Austritts aus der Revisionspflicht. Zuvor wollte der Ständerat eine zweijährige Bewährungsfrist einführen, erst dann hätten Firmen auf eine Revision verzichten können sollen.

Jährlich entstehen laut Expertenschätzungen Schäden von mehreren hundert Millionen Franken durch missbräuchliche Konkurse. Ein Konkurs soll Unternehmen gemäss der Vorlage des Bundesrats keinen Vorwand mehr bieten können, Löhne und Schulden nicht zu zahlen und andere Unternehmen auf unlautere Weise zu konkurrenzieren.

Das Herzstück der Vorlage bilden Massnahmen im Strafrecht. Mit einem Tätigkeitsverbot wird Missbräuchen der Riegel geschoben. Ein Gericht kann ein solches bei einem Konkurs- oder Betreibungsdelikt bereits heute anordnen und jemandem eine Funktion in einem Unternehmen verbieten.

Neu soll das im Strafregister eingetragene Tätigkeitsverbot den Handelsregisterämtern mitgeteilt werden. Diese sollen die betreffenden Personen aus dem Handelsregister löschen.

Ergänzend sollen präventive Massnahmen im Obligationen- sowie im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht hinzukommen. So soll die Öffentlichkeit nach den im Handelsregister eingetragenen Personen suchen und die Funktionen der Gesuchten sehen können.

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