Mit «Time Of The Season» wurden The Zombies in den 60er Jahren weltberühmt, doch sie trennten sich bald. Jetzt sind sie wieder aktiv. Eine späte Ehre bestätigte die Musiker, die jetzt auf die 80 zugehen.
The Zombies haben ein neue Album aufgenommen und gehen auf Tour.
The Zombies haben ein neue Album aufgenommen und gehen auf Tour. - Alex Lake/Oktober Promotion/Cooking Vinyl /dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Viermal waren The Zombies nominiert worden, bevor die britische Band in die «Rock'n'Roll Hall Of Fame» aufgenommen wurde.

Umso grösser war die Freude bei den Bandleadern Rod Argent und Colin Blunstone, als es 2019 endlich so weit war. Zusammen mit den anderen Gründungsmitgliedern Chris White und Hugh Grundy spielten The Zombies ihre Hits. Für Keyboarder und Sänger Argent war es ein entscheidender Moment, der das nun erscheinende Zombies-Album massgeblich prägte.

«Ich fand, die Band hat niemals so gut geklungen wie dort», schwärmt Argent (77) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London. Sein Ziel: So kraftvoll wie auf der «Hall of Fame»-Bühne sollten The Zombies auf ihrem nächsten Album klingen. «Ich wollte, dass unsere Aufnahmen im Studio so live wie möglich sind, damit man das Ganze so auf Band einfängt, wie man es früher gemacht hat, weil man es musste. Es gab ja keine andere Art aufzunehmen.»

Vom «slow burner» zum Kultalbum

«Different Game» heisst das neue, nach offizieller Zählung wohl achte Studioalbum der Zombies. Ihre Diskografie ist etwas unübersichtlich und umfasst weitaus mehr Song-Zusammenstellungen als echte Alben. Ihr bekanntestes ist «Odessey And Oracle» von 1968. Es verdankt seinen Titel – korrekt müsste es Odyssey heissen – einem Rechtschreibfehler des Designers, der für das Albumcover verantwortlich war. Die LP war ein «slow burner» und wurde erst im Laufe der Jahre zum Kultalbum.

In den 1960er Jahren hatte die in St Albans, nordwestlich von London, gegründete Gruppe mit «She's Not There» einen Riesenhit auf beiden Seiten des Atlantiks gelandet. The Zombies galten nach den Beatles und den Rolling Stones als nächste Hoffnung der «British Invasion».

Doch in den USA blieb es bei ein paar TV-Auftritten und spärlich besuchten Konzerten. «Wir kamen zur Halle, doch es war niemand da», erinnert sich Argent. Abgesehen von der Single «Tell Her No» blieben weitere Hits in den Folgejahren auch in Grossbritannien aus. «Ich hatte immer das Gefühl, dass wir damals ein ziemlich schlechtes Management hatten», so der Keyboarder, der danach mit seiner Band Argent («Hold Your Head Up») erfolgreich war.

Erst als The Zombies entnervt aufgegeben und sich getrennt hatten, wurde «Time Of The Season» 1969 im Zuge der Flower-Power-Bewegung auf einmal ein Nummer-eins-Hit in den USA. «Man hat uns eine Million Dollar geboten, was damals eine Menge Geld war, damit wir wieder auf Tournee gehen», erzählt Argent. «Aber wir hatten kein Interesse. Wir haben immer nur nach vorn geschaut – und das tun wir auch jetzt.»

Nachdem sich zwischenzeitlich andere Musiker dreist als The Zombies ausgegeben hatten und mit ihren Songs auf Tournee gegangen waren, holten sich Argent und Co. ihren Bandnamen Ende der 80er Jahre zurück und veröffentlichten ein Album. Zunächst gingen Argent und Blunstone, die auch nach der Bandauflösung zusammengearbeitet hatten, als Duo auf Tour. Seit 2004 sind sie wieder als The Zombies aktiv.

Inhaltlich bewusst vage

Den Albumtitel und das Lied «Different Game» könnte man als Anspielung auf Veränderungen im Musikgeschäft verstehen, in dem Argent und Co. seit über 60 Jahren mitmischen. «Wenn ich meine Songs schreibe, habe ich immer einen bestimmten Auslöser im Kopf, aber ich hoffe, dass sie universell funktionieren, weil wir alle ähnliche Erfahrungen in der Welt machen», sagt der 77-Jährige.

In diesem Fall sei er von einer bekannten Band – den Namen verrät er nicht – inspiriert worden, deren Sänger nicht mit Veränderungen in seinem Leben und seiner Karriere klargekommen sei. «Die Leute sagen: Mein Gott, ich sehne mich nach meiner Jugend, weil es so viel besser war», sagt Argent mit Unverständnis. «Ich glaube nicht, dass das so sein muss. Ich glaube, du kannst dich weiterentwickeln im Leben, die Dinge geniessen, aber man muss dafür arbeiten.»

Das fast jazzige «Dropped Reeling & Stupid» handelt von dem unguten Gefühl, plötzlich verlassen zu werden. «You Could Be My Love» ist eine etwas kitschige Pianoballade über eine junge Liebe. Dass Sänger Blunstone 77 Jahre alt ist, lässt ein bisschen schmunzeln. «Unser Ansatz (beim Songwriting) ist zeitlos», erklärt Argent. «Jeder denkt mal an bestimmte Zeiten im Leben zurück. Und das fliesst manchmal in die Lieder ein.» Inhaltlich bleibe er bewusst immer etwas vage.

Der etwas düstere Song «I Want To Fly», auf dem Blunstone nur von Streichern begleitet wird, dürfte beinharten Zombies-Fans bekannt vorkommen. Die von Rod Argent geschriebene Nummer war nämlich als Pianoballade schon auf einem von Blunstones Soloalben.

Aktiver denn je

Auf dem Instagram-Kanal der Zombies amüsieren Argent, Blunstone und Co. mit witzigen Videos und jugendlichem Humor. Ganz so beschwingt und locker wie auf ihrem Kultklassiker «Odessey And Orcale» klingen The Zombies, die heute von den Musikern Steve Rodford (Schlagzeug), Tom Toomey (Gitarre) und Søren Koch (Bass) komplettiert werden, im Jahr 2023 zwar nicht mehr. Aber dass Argent und Blunstone auf die 80 zugehen, hört man ihnen auf «Different Game» keineswegs an.

An ein Ende denken die beiden Veteranen und Freunde übrigens noch lange nicht. Demnächst feiert eine Dokumentation über die Band Premiere. Die nächste Tournee ist auch schon gebucht. Fast 60 Jahre nach «She's Not There» sind The Zombies aktiver denn je.

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