Der Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka ist gerne unbequem. Er ist einer der berühmtesten Autoren und politischen Denker Afrikas. Für seine Überzeugung landete er im Gefängnis und floh später ins Exil. Selbst dort blieb er ein Stachel im Fleisch von Nigerias Mächtigen.
Wole Soyinka wird 85. Foto: Georgios Kefalas/Keystone/EPA
Wole Soyinka wird 85. Foto: Georgios Kefalas/Keystone/EPA - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der nigerianische Autor Wole Soyinka, der 1986 als erster afrikanischer Schriftsteller den Literaturnobelpreis bekommen hatte, hat sein Leben dem Schreiben und dem Kampf für Demokratie und Gerechtigkeit gewidmet.

Als Autor und Dramaturg wird er gefeiert, doch für sein politisches Engagement zahlte er einen hohen Preis - inklusive Gefängnisstrafe und vieler Jahre im Exil. Soyinka gilt als einer der wichtigsten Vertreter der afrikanischen Literatur, für viele Nigerianer ist er auch ein moralisches Gewissen der Nation. Heute wird der Schriftsteller 85 Jahre alt.

Soyinka, bekannt für seine weisshaarige Afro-Frisur und seinen ebenso markanten Bart, hat zeit seines Lebens gegen Korruption und Machtmissbrauch gekämpft. Dabei kritisierte er die früheren Kolonialherren genauso bissig wie manche Befreiungskämpfer, die sich nach der Erlangung der Unabhängigkeit an ihre Macht klammerten und die Grundrechte der Bürger missachteten. Schweigen angesichts von Ungerechtigkeit ist für ihn keine Option: «Die grösste Bedrohung der Freiheit ist das Fehlen von Kritik», schrieb Soyinka einst.

Als Autor versteht Soyinka es, die Mythologie seiner Volksgruppe, des Yoruba-Stammes, geschickt mit der Tradition europäischer Literatur zu verbinden. Mit dem Nobelpreis 1986 wurde er zum bekanntesten afrikanischen Literaten. Die Auszeichnung wurde ihm zugesprochen, weil seine Werke «in breiter kultureller Perspektive und mit poetischen Obertönen das Drama der menschlichen Existenz» illustrieren, hiess es. Das Nobelkomitee lobte die von ihm geschriebenen Romane, Gedichte und Theaterstücke. «Wole Soyinkas Schreiben ist voller Leben und Dringlichkeit. Trotz aller Komplexität ist es gleichzeitig extrem kohärent», hiess es.

Seine Rede bei der Annahme des Nobelpreises verwandelte Soyinka in eine beissende Abrechnung mit dem rassistischen Apartheid-Regime in Südafrika. Er rief auch zum Boykott der weissen Minderheitsregierung auf. Wenn das «mittelalterliche» Regime nicht von der systematischen Diskriminierung Schwarzer ablasse, müsse es «elend in die Knie gezwungen werden», bis es «in sich zusammenfällt», forderte Soyinka.

Akinwande Oluwole «Wole» Soyinka wurde am 13. Juli 1934 als zweites von sechs Kindern einer christlichen Yoruba-Familie in Abeokuta im Südwesten Nigerias geboren. Der Vater war Rektor einer Volksschule. Die Eltern ermutigten den jungen Wole und seine Geschwister stets, zu lernen und zu lesen. «Meine Eltern bemerkten früh, dass ich Bücher liebte», erinnerte er sich später. «Sie machten uns verständlich, wie wichtig eine gute Erziehung ist - und betonten, dass wir dafür verantwortlich seien, soviel zu lernen wie nur eben möglich.»

Ab Anfang der 1950er Jahre studierte er in der Stadt Ibadan, anschliessend in Grossbritannien. Nach Erfahrungen als Schauspieler und Dramaturg in London kehrte er 1960 in seine Heimat zurück und lehrte an mehreren Universitäten. Bereits Ende der 1950er Jahre schrieb Soyinka erste Hörspiele und Theaterstücke, darunter die Komödie «Der Löwe und die Perle». Es folgten Dutzende Bühnenstücke, in denen der Autor traditionelle Theaterstoffe etwa der Antike in ein afrikanisches Umfeld setzte.

Für seine politische Überzeugung musste er während des nigerianischen Bürgerkriegs im Jahr 1967 ins Gefängnis. Er sass fast zwei Jahre in Einzelhaft. Man habe versucht, seinen «Geist zu zerstören, indem man mir Bücher und die Möglichkeit zum Schreiben vorenthielt», erinnerte er sich später. Er habe sich mit mathematischen Problemen beschäftigt, um die geistige Leere zu überwinden. Seine Erfahrungen verarbeitete er in dem Buch «Der Mann ist tot: Gefängnisvermerke» (1972). In den darauffolgenden Jahren musste er mehrere Male ins Exil gehen.

Nach der Jahrtausendwende unterrichtete Soyinka an zahlreichen Universitäten, er hatte unter anderem eine Professur in Los Angeles inne. Doch auch mit über 70 Jahren wurde er nicht plötzlich politisch altersmilde. Nach der nigerianischen Präsidentschaftswahl 2007 etwa sprach er lautstark von Betrug. Drei Jahre später wurde er zum Vorsitzenden der neu gegründeten Partei «Demokratische Front für einen Bund des Volkes» (DFPF) gewählt, diese entwickelte jedoch kaum politischen Einfluss.

Auch in seinem langjährigen Gastland, den Vereinigten Staaten, mischte er sich zuletzt ein. Kurz vor der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten machte Soyinka mit der Ankündigung Schlagzeilen, dass er aus Protest gegen den aufsteigenden Rassismus seine US-Arbeitsgenehmigung zerstören würde. Er verurteilte, dass Trump aufgrund seiner «Rhetorik gegen Schwarze» gewählt worden sei.

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