Vor 40 Jahren veröffentlichte eine Underground-Band aus Los Angeles ihr Debütalbum. Metallica wurden in den 80er Jahren zu Superstars – damit auch ihr Drummer.
Der Schlagzeuger der Band Metallica: Lars Ulrich.
Der Schlagzeuger der Band Metallica: Lars Ulrich. - Nils Meilvang/SCANPIX DENMARK/dpa

Es gab einen Moment in seinem Leben, da musste Lars Ulrich wählen zwischen Sport und Musik, zwischen Tennis und Heavy Metal. Seine Entscheidung für eine Karriere als Rockstar zahlte sich aus. Als Gründer der US-Heavy-Metal-Band Metallica feierte der Schlagzeuger, der am Zweiten Weihnachtstag 60 Jahre alt wird, Erfolge, von denen er als Jugendlicher kaum zu träumen wagte. «Mein Körper sieht vielleicht nach 60 Jahren Abnutzung aus, aber mein Geist widerspricht dem ganz energisch», sagte er kürzlich dem «Rolling Stone». «Ich komme mir immer noch wie der 18-Jährige vor, der das alles gar nicht checkt.»

Von einer Underground-Band der frühen 1980er Jahre etablierten sich Metallica mit Riff-lastigen Krachern wie «Seek & Destroy», «Battery» oder «Enter Sandman» und schweisstreibenden Shows auch dank Ulrichs intensivem und kraftvollem Schlagzeugspiel zu einer der führenden Heavy-Metal-Gruppen der Welt. Erst in diesem Jahr spielten Ulrich und Co. eine weltweite Stadiontournee mit jeweils zwei Konzerten in jeder Stadt, bei der die Setlist der Songs von Abend zu Abend variierte.

Lars Ulrichs Kindheit begann hingegen ruhig. Geboren am 26. Dezember 1963 im beschaulichen dänischen Gentofte wuchs er in einem Umfeld auf, das von den kulturellen Interessen seines Vaters geprägt war. Torben Ulrich war professioneller Tennisspieler und grosser Musikfan. «Als ich aufwuchs, spielte mein Dad viel Jazz – Coltrane, Miles, Dexter Gordon, Ornette Coleman», erzählte Ulrich junior dem «Classic Rock»-Magazin, «und ein bisschen Rock – Hendrix, die Stones, die Doors.»

Entscheidung für die Musik

Den vielleicht entscheidenden Impuls für seine Karriere soll ein Konzert der Hardrock-Band Deep Purple gegeben haben, zu dem sein Vater den damals neunjährigen Lars mitnahm und das ihn nachhaltig beeindruckte. Dem Vernehmen nach hätte er damals auch das Talent gehabt, in die sportlichen Fussstapfen seines Vaters zu treten, der von den 1940ern bis in die 70er Jahre Tennis-Profi gewesen war. Doch die Leidenschaft für die Musik überwog beim jungen Lars.

Seine Grosseltern schenkten ihm sein erstes Schlagzeug. Als Teenager zog Ulrich mit seiner Familie nach Kalifornien. In der neuen Heimat begeisterte er sich weiter vor allem für die Musik aus Europa und bezog britische Schallplatten über einen Import-Versandhandel. Die sogenannte New Wave Of British Heavy Metal mit Vertretern wie Iron Maiden, Saxon und Diamond Head hatte es Ulrich so sehr angetan, dass er nach Grossbritannien flog, um einige dieser Gruppen live zu sehen.

Der Song «It's Electric» von Diamond Head brachte ihn nach eigener Aussage dazu, seine eigene Band zu gründen. «Nachdem ich das Lied zum ersten Mal gehört hatte, habe ich es in den folgenden Monaten bestimmt rund 9000 Mal gespielt, glaube ich», sagte Ulrich im «GQ»-Interview. «Wenn jemals ein Song dafür gesorgt hat, dass ich eine Band haben wollte, dann dieser. Damals war ich noch sehr mit Tennis beschäftigt, aber damit ging es dann schnell den Bach runter.»

Entscheidung für die Musik

Mit Sänger und Rhythmusgitarrist James Hetfield, den Ulrich über eine Zeitungsannonce kennengelernt hatte, gründete er schliesslich in Los Angeles die Band Metallica, zu der anfangs Bassist Ron McGovney und als Gitarrist der spätere Megadeth-Gründer und Frontmann Dave Mustaine gehörten. Als die US-Rockszene zunehmend von Glam- oder Hair-Metal-Bands wie Mötley Crüe, Poison und Ratt dominiert wurde, gaben Metallica am 14. März 1982 ihr erstes Konzert im Club Radio City im kalifornischen Anaheim.

«Wir fühlten uns wie totale Aussenseiter», erzählte Ulrich in einem Live-Interview auf der Bühne des New Yorker Kulturzentrums «92Y». «Aber Metallica haben als Coverband angefangen. Wir dachten, wenn wir all diese Lieder von unbekannten Bands aus England covern, von denen kein Mensch gehört hatte, dann denken die Leute vielleicht, dass es Originale sind.» Erst später schrieb er mit Hetfield eigene Songs. «Hit The Lights» war laut Ulrich der erste.

Ihren Stil bezeichneten sie selbst anfangs als Power Metal, heute spricht man von Thrash Metal. Metallica, deren heutige Besetzung von Gitarrist Kirk Hammett und Bassist Robert Trujillo komplettiert wird, zählen zu den Pionieren des Genres. Ihr Song «Whiplash» vom ersten Album «Kill 'Em All» aus dem Jahr 1983 gilt auch als Ursprung des Begriffs. Im Text dazu heisst es: «You're thrashing all around, acting like a maniac, whiplash!»

Erfolg und Veränderungen

Den Durchbruch brachte 1986 die LP «Master Of Puppets», ein absoluter Klassiker des Genres. Zwei Jahre später erschien «...And Justice For All» und brachte Metallica ihre erste Grammy-Nominierung. 1990 erhielten sie den begehrten Musikpreis erstmals für ihren Song «One». Ihr grösster kommerzieller Erfolg wurde «Metallica», das als «schwarzes Album» bekannt ist und 1991 erschien. Die Band veränderte darauf ihren Stil und veröffentlichte mit «The Unforgiven» und dem Hit «Nothing Else Matters» sogar erstmals Balladen.

«72 Seasons», das elfte und bislang letzte Studioalbum von Metallica, erschien im April und überzeugte Fans und Kritiker. Wenn die Gesundheit mitspielt, sollen laut Lars Ulrich viele weitere Alben und Tourneen folgen. Den Kokainkonsum habe er vor rund 20 Jahren aufgegeben, Alkohol gebe es auch nur noch gelegentlich. «Wer hätte gedacht, dass Metallica noch existieren würden, dass wir das alles überleben, und dass sich immer noch Leute für uns interessieren?», sagte der Drummer dem «Rolling Stone». «Das ist schon sehr cool.»

In diesem langen Musikerleben war auch Vater Torben Ulrich immer ein kritischer wie geliebter Begleiter des Schlagzeugers. Wenige Tage vor Weihnachten und dem runden Geburtstag seines Sohns starb er nun im stolzen Alter von 95 Jahren, wie Lars Ulrich auf Instagram mitteilte. «95 Jahre mit Abenteuern, einzigartigen Erlebnissen, Neugier, dem Überschreiten von Grenzen, dem Infragestellen des Status quo, Tennis, Musik, Kunst, Schreiben ... und einer ganzen Menge dänischer konträrer Haltung», schrieb er zu einem Schwarzweissfoto seines Vaters und weiteren Aufnahmen. «Unendlicher Dank! Ich liebe dich, Papa.»

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