«Videodrome» von David Cronenberg mag inzwischen runde 40 Jahre auf dem Buckel haben. Der Inhalt des Science-Fiction-Horrors ist nach wie vor brandaktuell.
James Woods verfällt in «Videodrome» seinem Fernseher.
James Woods verfällt in «Videodrome» seinem Fernseher. - imago/Cinema Publishers Collection
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Science-Fiction-Dystopie «Videodrome» ist bereits 40 Jahre alt.
  • Die darin besprochenen Thematiken sind auch heute noch aktuell.

Am 4. Februar 1983 hat David Cronenbergs (79) Science-Fiction-Dystopie «Videodrome» Kino-Premiere gefeiert. In einer Mischung aus morbider Symbolik und garstigem Body-Horror, die sich in all den Jahrzehnten zum Markenzeichen des kanadischen Filmemachers entwickelt hat, widmet er sich einem Gedankenspiel: Wie sehen die radikalsten Auswüchse aus, die die Medienlandschaft annehmen könnte?

In seinem Werk spricht Cronenberg Thematiken an, die auch vierzig Jahre später aktueller denn je sind – und für die ausgerechnet Hauptdarsteller James Woods (75) inzwischen ein trauriges Mahnmal darstellt.

Unterhaltung um jeden Preis

«Videodrome» erzählt die Geschichte des Kabelsender-Betreibers Max Renn (Woods), der stets auf der Suche nach dem nächsten Sensationsinhalt ist. Je verstörender das Gezeigte, umso grösser sein Interesse.

Als er eines Tages auf den titelgebenden Kanal «Videodrome» stösst, scheint die Spitze des Voyeurismus erreicht zu sein: Eine gewaltpornografische Sendung ohne erkennbare Handlung flimmert da plötzlich über seinen Bildschirm und der faszinierte Max ist sich sicher, darin die Zukunft des Fernsehens entdeckt zu haben.

Weit gilt es nicht über den Tellerrand zu blicken, um in «Videodrome» überspitzte und pervertierte Formen des heutigen Trash-TVs zu finden. Menschen, die zur Unterhaltung schikaniert und vorgeführt werden.

Sich verbal und zuweilen nonverbal an die Gurgel gehen. Sex vor Live-Kameras darbieten. Zusehende, die ein ums andere Mal fasziniert vor der Mattscheibe hängen und auf neue Eskalationsstufen hoffen. Und Inhalte, bei denen nie so ganz klar zu sein scheint, ob sie nun real oder fiktiv sind.

«Videodrome» ist ein tiefschwarzes, aber nicht zu Unrecht zynisches Destillat aus heutigen Reality-Formaten wie «Sommerhaus der Stars», «Schwiegertochter gesucht», «Too Hot To Handle», Dschungelcamp und wie sie alle heissen. Der Film stellt den maximalen Weiterdreh des heutigen Reality-TVs dar – ähnlich, wie es ein Jahr zuvor Stephen King (75) mit seinem Roman «Menschenjagd» (1987 als «Running Man» mit Arnold Schwarzenegger verfilmt) in Bezug auf Gameshows getan hatte. In beiden Werken hat die Ethik unwiderruflich den Kampf mit der Einschaltquote verloren.

Bingen und Klappe halten

Eine Szene in «Videodrome» fasst derweil gut die inzwischen etablierten Sehgewohnheiten bei manch Streamingplattform zusammen: Das Binge-Watching hat hier sogar die Obdachlosenheime erreicht, statt einer warmen Suppe gibt es für jeden einen Fernseher vor die Nase. Das neue Opium fürs Volk, von dem mehr als reichlich zur Verfügung steht.

Hauptfigur Max befindet sich zunehmend auf der Suche nach seiner eigenen Identität und baut darauf, über externe Quellen – wie dem Fernseher – eine führende Hand in diesem Unterfangen zu finden.

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