«Auf der Couch in Tunis»: Porträt einer Gesellschaft
Eine Frau kommt nach Jahren in Paris zurück nach Tunesien zurück und eröffnet dort eine Praxis für Psychotherapie. Doch die Hilfesuchenden muss sie auf dem Dach eines Wohnhauses empfangen.

Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Sturz des tunesischen Diktators Ben Ali ist Selma aus Paris in ihr Heimatland Tunesien zurückgekehrt.
Dort eröffnet sie eine Praxis für Psychotherapie. Und, wer hätte das gedacht: Nach anfänglicher Skepsis ist die Nachfrage der Bevölkerung nach mentalem Beistand gross.
Da sie jedoch zunächst über keine eigenen Räumlichkeiten verfügt (die Bürokratie vor Ort lässt sich gehörig Zeit), bleibt Selma gar nichts anderes übrig, als die Hilfesuchenden auf dem Dach eines Wohnhauses in Tunis zu empfangen.
Die Hauptrolle wird gespielt von der iranischen Schauspielerin Golshifteh Farahani, die bekannt ist durch Filme wie «Huhn mit Pflaumen», «Paterson» und «Pirates of the Caribbean: Salazars Rache». «Garantieren Sie mir, dass ich im Leben nie wieder Probleme haben werde?». Dies ist nur eine der Fragen, eines der Anliegen, mit denen sich diese Selma fortan konfrontiert sieht. In ihrer Dachpraxis besuchen sie bald die aussergewöhnlichsten Charaktere der Stadt.
Nicht nur in den Sitzungen begegnet die Hauptfigur unterschiedlichen Menschen, auch sonst trifft sie viele Leute, die sich ihr offenbaren. So lernt sie zum Beispiel in einem Schönheitssalon die recht emotionale Besitzerin kennen, die einen Mutterkomplex hat. Sie begegnet einem Imam, der an einer Depression leidet. Sie spricht ihre feministische Nichte, die sich nach einem völlig missglückten Friseurbesuch plötzlich nur allzu gern mit einem Kopftuch sehen lässt.
Bei den Filmfestspielen von Venedig wurde der Film im zurückliegenden Jahr mit einem Publikumspreis in der Nebenreihe «Giornate degli Autori» bedacht. Ebendort feierte der 88-Minüter 2019 auch seine Weltpremiere. Es handelt sich bei dieser farbenfrohen Komödie um das Langfilm-Debüt von Regisseurin Manele Labidi.
In Interviews sagte die französisch-tunesische Filmemacherin unter anderem, dass es in «Auf der Couch in Tunis» gar nicht in erster Linie um Psychoanalyse gehe, sondern um das Porträt einer Frau, Selma, sowie auch um das Porträt eines Landes, Tunesien, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt. Die französische Tageszeitung «Le Parisien» beschrieb diesen Film mit den Worten «Eine sehr schöne Geschichte über die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln».
- Auf der Couch in Tunis, Frankreich/Tunesien 2019, 88 Min., FSK ab 6, von Manele Labidi, mit Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Moncef Anjengui