Beate Uhse war eine der bekanntesten Frauen Deutschlands im 20. Jahrhundert. Am Freitag wäre sie 100 Jahre alt geworden.
100 Jahre Beate Uhse
Lächelnd steht Beate Uhse in Fliegermontur vor einem Flugzeug. Beate Uhse war eine der bekanntesten deutschen Frauen des vergangenen Jahrhunderts. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor 100 Jahren kam Beate Uhse in privilegierten Verhältnissen in Ostpreussen auf die Welt.
  • Ihr Markenname erlangte in Deutschland sehr grosse Bekanntheit.
  • Sie war eine erfolgreiche Unternehmerin, aber auch wichtige Aufklärerin.

Beate Uhse hiess eigentlich nur für ungefähr zehn Jahre ihres Lebens so. Von der Heirat mit ihrem ersten Ehemann Hans-Jürgen Uhse 1939 bis zu ihrer zweiten Hochzeit mit Ernst-Walter Rotermund 1949.

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Beate Uhse posiert im März 1999 mit einer Pappfigur. - dpa

Da war «Beate Uhse» schon ein etablierter Markenname für Aufklärungsbücher, Sexhilfen und Verhütungsmittel. Unter ihrem ersten Ehenamen wurde Beate Rotermund eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen der Nachkriegszeit. Am Freitag wäre sie nun 100 Jahre alt geworden.

Marke erlangte grosse Bekanntheit

Die Marke wurde in Deutschland so bekannt wie Tempo, Nivea und Coca-Cola und stand für Aufklärung, Sex und Erotik. Zeitweise führte «Beate Uhse» zwei Millionen Kunden in den Firmenkarteien. Das ist lange vorbei, von dem Unternehmen sind nur noch Fragmente geblieben.

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Eine Menschenmenge drängt sich am 20. November 1989 vor einem Beate-Uhse-Sexshop in Westberlin. - Keystone

Es hatte schon seinen Zenit überschritten, als Beate Rotermund 2001 im Alter von 81 Jahren in der Schweiz starb. Wechselnde Vorstände und Eigentümerkreise schafften es nicht, gegen Gratis-Pornos im Internet und frischere Wettbewerber zu bestehen.

Fast vergessen ist der Beitrag, den Rotermund in den 50er und 60er Jahren für einen freieren Umgang mit Sexualität leistete. Gegen den härtesten Widerstand von Justiz und Kirche.

Rund 400 Strafverfahren

Aus heutiger Sicht ist kaum noch nachvollziehbar, dass die Justiz rund 400 Strafverfahren gegen «Beate Uhse» führte. Staatsanwälte warfen der Firma vor, sie verbreite «schleichendes Gift zur Versuchung der sexuellen Fantasie».

Dabei waren die Produkte des Flensburger «Versands für Ehehygiene» denkbar harmlos. Kondome machten den grössten Teil des Umsatzes aus. Dazu ein paar Bücher wie «Die vollkommene Ehe», Salben, Wäsche und angebliche Potenzmittel.

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Beate Uhse im März 1999. - dpa

Die geschäftstüchtige Beate Rotermund wusste den medialen Wirbel, um ihre Auftritte vor Gericht für ihr Unternehmen zu nutzen. Und wurde gleichzeitig eine frühe Aufklärerin der prüden Nation.

Ungewöhnliches Leben

Geboren wurde die spätere Unternehmerin als Beate Köstlin in privilegierte Verhältnisse: Sie wuchs auf einem grossen Gutshof in Ostpreussen auf. Ihre Mutter war eine der ersten Ärztinnen in Deutschland, ihre Eltern liberal und fortschrittlich.

Ausgebildet wurde Beate auf reformpädagogischen Schulen, so lange das im Nationalsozialismus möglich war. Mit 15 Jahren wurde das sportliche Mädchen hessische Meisterin im Speerwurf. Sie ging nach dem Abitur für ein Jahr nach England und absolvierte dann eine Ausbildung zur Pilotin. Alles ungewöhnlich für die Zeit.

Beate Uhse machte Wehrmacht-Karriere

Im Krieg heiratete Beate ihren Fluglehrer Hans-Jürgen Uhse. 1943 bekam sie ihren ersten Sohn Klaus und machte Karriere als Pilotin bei Privatfirmen und bei der Wehrmacht. Bei Kriegsende war sie Hauptmann der Luftwaffe. Und konnte mit ihrem Sohn und einem Kindermädchen mit einem Flugzeug nach Schleswig-Holstein flüchten.

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Beate Uhse mit einer Puppe vor ihrem Geschäft im März 2000. - dpa

Da war ihr Mann bereits tot und auch die Eltern überlebten den Krieg nicht; sie wurden Opfer der Roten Armee. Nach einer kurzen Gefangenschaft war Beate Uhse im Alter von 26 Jahren eine mittellose und verwaiste Kriegerwitwe mit einem Kleinkind.

Beate Uhse blieb hartnäckig

Durch eine Reihe von Zufällen konnte sie mit einer einfachen Aufklärungsschrift über die fruchtbaren Tage der Frau ein Startkapital erwirtschaften. Damit war der Grundstein für das Imperium gelegt. «Beate Uhse» setzte sich durch, vor allem dank der Hartnäckigkeit der Gründerin.

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Beate Uhse, die Gründerin und Chefin des Flensburger Versandunternehmens für Sex- und Hygieneartikel im März 1969 vor ihrem Versandhaus in Flensburg. - dpa

Anfang der 50er Jahre gab es noch Dutzende ähnlicher Unternehmen. Doch die meisten gaben bald auf, auch wegen der ständigen Attacken der Justiz.

Nach Börsengang ging es bergab

Bald fielen aber die Schranken für das Wachstum von «Beate Uhse»: Dies mit der sogenannten Sexwelle ab den späten 60er Jahren und der Legalisierung der Pornografie für Erwachsene ab 1975.

Gemeinsam mit ihrem Sohn Ulrich Rotermund brachte sie das Unternehmen 1999 an die Börse. Nach drei Tagen erreichte das Papier einen Höchstkurs von gut 28 Euro, danach ging es nur noch bergab.

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Mit zwei jungen Damen im Arm präsentiert Beate Uhse, Mitte, die Aktie ihres Erotikunternehmens, am 19. Mai 1999 in Frankfurt am Main. - Keystone

Gehalten hat sich in Flensburg der Erotik-Versand «Orion». Dieser ging im Wege der Realteilung aus der Firma «Beate Uhse» hervor. Und wird heute von Maike Rotermund geleitet, einer Stiefenkelin von Beate Rotermund.

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