Das Zürcher Amt für Justizvollzug will sich verstärkt auf die Wiedereingliederung von Häftlingen fokussieren. Deshalb erhält es einen neuen Namen.
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Jacqueline Fehr politisiert erfolgreich in Zürich: Trotz Differenzen mit der Partei. - Keystone

Über 99 Prozent aller Häftlinge kommen früher oder später wieder in Freiheit. Das Amt für Justizvollzug will den Fokus deshalb verstärkt auf die Wiedereingliederung legen. Als Symbol dafür verpasst es sich per sofort einen neuen Namen. Neu heisst es Justizvollzug und Wiedereingliederung.

Über 400 Mal pro Jahr öffnet sich im Kanton Zürich ein Gefängnistor und entlässt einen Häftling in die Freiheit. «Diese Leute werden wieder unsere Nachbarn, sie sitzen neben uns im Tram», sagte Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) am Dienstag vor den Medien.

Die Entlassung ist einer der heikelsten Momente einer Häftlingskarriere: Drinnen gab es klare Regeln und wenig Verantwortung. Draussen wartet eine unklare Zukunft. In den ersten Monaten «draussen» gibt es denn auch die höchsten Rückfallzahlen.

Aufgabe ihres Amtes sei deshalb nicht nur, die Häftlinge ihre Strafe verbüssen zu lassen, sondern auch dafür zu sorgen, dass sie bessere Nachbarn würden. «Lässt man die Leute im Gefängnis schmoren und öffnet dann einfach die Tür, kann man sich vorstellen, was passiert. Wir müssen die Menschen auf das Leben in Freiheit vorbereiten.»

Mit der Umbenennung ihres Amtes respektive dem Verzicht auf das Wort «Amt» in der Bezeichnung will Fehr den Fokus verstärkt auf den Weg in die Freiheit legen. «Wiedereingliederung ist ein wesentlicher Teil der Verbrechensbekämpfung und beginnt eigentlich am Tag der Verhaftung.»

Bereits heute gibt es im Kanton Zürich eine ganze Reihe von Lernprogrammen und Unterstützungsangeboten für Häftlinge. Wiedereingliederung kann aber auch sein, dass es in einem Gefängnis keinen fixen Telefonplan für Häftlinge gibt, wie etwa in Affoltern. So lernen die Insassen, sich selber zu organisieren.

Künftig will Justizvollzug und Wiedereingliederung verstärkt darauf achten, dass «Ressourcen nicht zerstört werden», wie es Fehr ausdrückte. Dass also Frau und Kinder in der Wohnung bleiben können, dass die Kinder möglichst keinen Schaden davontragen oder der Arbeitgeber dem Inhaftierten eine zweite Chance gibt.

Ressourcen nicht zerstören bedeutet auch, den Häftlingen den Kontakt zu «ihrer Welt» zu erleichtern, in die sie nach ihrer Strafe zurückkehren. Sie will die Besuchszeiten verbessern, die bisher nicht familienfreundlich sind. «Heute können Besuche oft nicht stattfinden, weil die Angehörigen arbeiten.»

Fehr prüft zudem, den Begriff «Hafturlaub» abzuschaffen. Sie ist der Ansicht, dass dies das falsche Wort sei. «Es handelt sich ja eigentlich um ein Wiedereingliederungs-Training, weil die Häftlinge gewisse Fähigkeiten ausserhalb der Gefängnismauern einüben.»

Neben dem, was der Justizvollzug tun kann, hofft Fehr aber auch auf die Aussenwelt. Also Arbeitgeber und Wohnungsbesitzer, die ehemaligen Häftlingen eine Chance geben und eine Wohnung vermieten. Dies sei die beste Voraussetzung dafür, Rückfälle zu vermeiden.

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