Nach der zweimaligen Ablehnung des Budgets 2019 der Gemeinde Wohlen durch die Stimmbevölkerung hat der Regierungsrat das Budget 2019 mit einem unverändertem Steuerfuss von 110% genehmigt.
Notiz
Der Finanzverwalter Thomas Läderach kündigt per 30. April 2021. - SDA Regional
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Mit diesem Entscheid kommt er dem Entscheid der Stimmbevölkerung und somit der Gemeindeautonomie nach.

Der Regierungsrat beurteilt den Steuerfuss von 110% auf der Basis der Jahressicht des Budgets 2019 als ausreichend. Die gesetzlich vorgeschriebene Ausgabendeckung als auch das mittelfristige Haushaltsgleichgewicht seien im Budget 2019 auch mit einem reduzierten Steuerfuss nachgewiesen. Ebenso verweist er in seinem Entscheid darauf, dass von den vorgesehenen Investitionen im Betrachtungszeitraum 2019 bis 2024 von rund CHF 103 Mio. erst CHF 11 Mio. genehmigt sind und folglich noch massgeblich beeinflusst werden könnten. In seinem Entscheid führt der Regierungsrat aus, dass bei vorgesehener Investitionstätigkeit die Höhe des Steuerfusses zukünftig trotzdem erneut diskutiert werden muss. Er verweist hierbei auch auf die Gemeindeautonomie.

Der Gemeinderat hält fest, dass die Kennzahlen und Richtlinien des Regierungsrates, welche bei der Erstellung des Budgets berücksichtigt werden und in der politischen Budgetdebatte auf kommunaler Ebene regelmässig zu Diskussionen Anlass geben, mit dem vom Regierungsrat genehmigten Steuerfuss nicht erfüllt. Ein Steuerfuss von 110% in der Periode 2019 ist rechnerisch machbar, wenn auch langfristig kaum sinnvoll. Wie der Regierungsrat in seinem Entscheid ausführt erachtet auch er die langfristige Betrachtung der Finanz- und Ausgabenplanung als zentral, welcher zukünftig mehr Beachtung geschenkt wird.

Der Gemeinderat hält fest, dass es sich beim vorgesehenen Investitionsvolumen nicht um eine Wunschliste handelt, die substantiell gekürzt werden kann. Im Gegenteil: Mit den Investitionen in den Schulraum und die Verkehrsinfrastruktur sind die massgeblichen Aufwände Pflichtbedarf und können nicht gestrichen werden. Mehrere kostenintensive Strassenprojekte sind zudem Kantonsprojekte, an welchen sich die Gemeinde gemäss Dekret zu beteiligen hat.

Der Gemeinderat stellt fest, dass der Entscheid wohl der Gemeindeautonomie nachkommt, aber widersprüchlich zum gesetzlich verankerten Auftrag ist, eine langfristig ausgerichtete Finanzpolitik zu betreiben. Der Selbstfinanzierungsgrad wird schlechter ausfallen, die Verschuldung höher ansteigen und die Zinslast zunehmen. Einwohnerrat, Finanz- und Geschäftsprüfungskommission sowie der Gemeinderat werden die Bedeutung der kantonalen Vorgaben und Kennzahlen bei kommenden Budgets sowie Aufgaben- und Finanzplänen neu beurteilen müssen.

Eine Mehrheit des Wohler Einwohnerrats hat mit dem überarbeiteten Budget 2019 nach der erstmaligen Ablehnung im November 2018 entgegen dem gemeinderätlichen Antrag von 113% eine Festlegung auf 115% beantragt. Mit der Festlegung des Steuerfusses ab dem Jahr 2019 auf 113% oder 115% hätte die Verschuldung nach einer intensiven Investitionsphase mit einer stark zunehmenden Schuldenlast wieder auf ein angemessenes Niveau gesenkt werden können. Nachfolgende Generationen wären damit handlungsfähig geblieben und hätten die nächsten Investitionszyklen ebenfalls finanzieren können.

Ohne Erhöhung des Steuerfusses erreicht die Verschuldung nach Meinung der Mehrheit des Einwohnerrats und des Gemeinderats eine unverantwortbare Höhe. Mit dem Entscheid des Regierungsrats, für die Budgetphase 2019 den Steuerfuss auf 110% festzusetzen, wird eine erhöhte Verschuldung in Kauf genommen, die nicht mehr oder viel zu langsam abgebaut werden kann. Dies ist im aktuellen Zinsumfeld vertretbar, in der langfristigen Betrachtung aber verantwortungslos und muss bei der Finanzplanung der kommenden Jahre erneut diskutiert werden.

Das nun genehmigte Budget 2019 ermöglicht es dem Gemeinderat und der Verwaltung, die darin vorgesehenen Ausgaben im Jahr 2019 nun auszulösen und zu tätigen. Bisher konnten lediglich die nicht aufschiebbaren Ausgaben vollzogen werden. Das Budget 2019 schliesst mit Mindererträgen von rund CHF 1.5 Mio. schlechter ab, als in der Abstimmungsvorlage unterbreitet.

Der Gemeinderat ist seit Ende April 2019 an der Aktualisierung des Aufgaben- und Finanzplans 2020 – 2029 sowie an der Erstellung des Budgets 2020. Nach den Sommerferien werden die Geschäfte der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission sowie dem Einwohnerrat unterbreitet. Der Investitionsbedarf in der Gemeinde Wohlen ist nach wie vor hoch. Seit dem letzten Finanzplan haben sich verschiedene Projekte und Zahlen konkretisiert und können im Finanzplan angepasst werden. Welche Auswirkungen dies unter Beachtung des regierungsrätlichen Entscheids auf das Budget 2020 haben wird, kann noch nicht gesagt werden und ist nun Gegenstand der politischen Diskussionen.

Die provisorischen Steuerrechnungen 2019 wurden aufgrund des Einwohnerratsentscheids mit einem Steuerfuss von 115% erstellt. Die Korrektur auf 110% wird mit der definitiven Verrechnung nach vorliegender Veranlagung vorgenommen und allfällige Rückerstattungen getätigt.

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