Kanton St. Gallen: Die Super-Recognizer waren erfolgreich
Die Kantonspolizei evaluiert die Testphase des Super-Recognizers. Super-Recognizer sind Personen, die besondere Fähigkeit in der Gesichtserkennung besitzen.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Kanton St. Gallen wurden einjahr lang Super-Recognizer getestet.
- Super Recognizer sind Menschen, die gute Fähigkeit in der Erkennung von Personen besitzen.
- Das einjährige Pilotprojekt war erfolgreich.
Super-Recognizer sind Menschen, die überdurchschnittliche Fähigkeiten im Vergleich und der Wiedererkennung von Gesichtern unbekannter Personen aufweisen – sogar bei schlechter Bildqualität oder erheblicher Alterung der Personen.
Die Kantonspolizei St.Gallen und die Stadtpolizei St.Gallen haben in einem einjährigen Pilotprojekt die Einsatzmöglichkeiten von Super-Recognizern in der Polizeiarbeit evaluiert.
Dieses schloss erfolgreich ab und der Einsatz dieser ausserordentlichen Fähigkeit im Einsatz hat sich bewährt.
Künftig werden Super-Recognizer bei der Kantonspolizei St.Gallen und bei der Stadtpolizei St.Gallen in einer Zusatzaufgabe zum Einsatz kommen und unter anderem für Bildfahndungen sowie bei Veranstaltungen eingesetzt werden.
Spezifischen Aufträgen und Anfragen für Super-Recognizer
Begonnen hat das Super-Recognizer-Projekt im Frühjahr 2023. Zusammen mit der Stadtpolizei St.Gallen rekrutierte die Kantonspolizei St.Gallen insgesamt acht Mitarbeitende, die gemäss wissenschaftlichen Tests unter der Leitung von Dr. Meike Ramon, Professorin an der Berner Fachhochschule, über überdurchschnittliche Fähigkeiten im Vergleich und der Wiedererkennung von Gesichtern verfügen.

Während genau einem Jahr, vom 1. Januar 2024 bis Ende Dezember, wurden die Super-Recognizer nebst ihrer angestammten dienstlichen Tätigkeit mit spezifischen Aufträgen und Anfragen bedient.
Super-Recognizer sollten Ermittlungshinweise generieren
So mussten die Super-Recognizer beispielsweise Bilder vergleichen, verbunden mit der Frage, ob es sich um die gleiche Person handelt.
Oder sie verglichen selbständig Bilder und Bildserien, um anhand der abgebildeten unbekannten Täterschaften mögliche Tatzusammenhänge zu erkennen oder im Idealfall gar die unbekannten Personen zu erkennen.
Bei ausgewählten Veranstaltungen wurden Super-Recognizer eingesetzt, um in den Menschenmengen gezielt nach gesuchten Personen Ausschau zu halten.
Dies mit dem Ziel, diese Personen anschliessend zu identifizieren. Kurzum – die Super-Recognizer sollten auf diversen Wegen wichtige Ermittlungshinweise generieren.
Sie waren erfolgreich
Um das Fazit vorwegzunehmen: Die Tätigkeiten der Super-Recognizer brachten den gewünschten Mehrwert.
Die zahlreichen komplexen Bildvergleiche zur Evaluation, ob es sich auf betrachteten Bildern um dieselbe Person handelt, wurden jeweils mehreren Super-Recognizern gleichzeitig zugestellt.
In knapp 80 Prozent der Beurteilungen kamen sie unabhängig voneinander zum gleichen Schluss und konnten so offene Fragestellungen in laufenden Ermittlungen klären und diese entsprechend weiterbringen.
Über 300 Hinweise konnten generiert werden
Daneben wurden die Super-Recognizer während der Pilot-Phase ebenfalls mit umfangreichem Bildmaterial bedient. Oftmals waren es Bilder unbekannter Personen aus offenen Fahndungen, zumeist mit schlechter Bildqualität, aufgenommen anlässlich von Tatbeständen.
Die Bilder wurden einerseits untereinander verglichen, mit dem Ziel, Serien zu erkennen. Andererseits wurden diese Bilder aber auch mit Fotoaufnahmen von bereits bekannten Personen abgeglichen, um damit mögliche Täterhinweise zu generieren.

Dank der aussergewöhnlichen Fähigkeit der Super-Recognizer konnten so über 300 Hinweise auf mögliche Serien oder Täterschaften generiert werden.
In 60 Prozent der Fälle konnten die gemachten Hinweise zudem durch Geständnisse der ermittelten Täterschaft untermauert werden. Fehlerhafte oder nicht entscheidbare Hinweise gab es nur in drei Prozent der Fälle.
Die Super-Recognizer konnten 20 gesuchte Personen eruieren
Die übrigen Fälle konnten aufgrund laufender Ermittlungen noch nicht abschliessend überprüft werden. Beeindruckend waren die Ergebnisse, die Super-Recognizer anlässlich zweier Veranstaltungen erzielt haben.
Die Super-Recognizer hatten den Auftrag, anlässlich der Veranstaltungen polizeilich gesuchte unbekannte Personen in der Menschenmenge zu erkennen.
Dazu studierten sie vorgängig Dossiers mit ebendiesen Personenbilder, welche in Verbindung zu begangenen Straftaten stehen. So konnten insgesamt 20 gesuchte Personen eruiert werden.
Diese wichtigen und entscheidenden Hinweise flossen im Anschluss in die weiteren Ermittlungshandlungen ein. Dies führte schliesslich zur Identifikation der gesuchten Täterschaft.
Noch nicht institutionalisiert
So beeindruckend die Zahlen dieser Testphase auch sind, muss doch betont werden, dass Super-Recognizer weder bei der Kantonspolizei St.Gallen noch bei der Stadtpolizei St.Gallen als etabliertes Einsatzmittel angesehen werden können.
Die für die Pilotphase eingesetzten Mitarbeitenden übten ihre Tätigkeit neben ihren ordinären polizeilichen Aufgaben aus.
Dies mit viel persönlichem Effort, vielfach ohne dafür geschaffene Zeitfenster und unter viel Verständnis der vorgesetzten Personen, die den üblichen Dienstbetrieb sicherstellen mussten.
Die aufgewendete Zeit war im ersten Halbjahr deutlich höher, da sich die Super-Recognizer erst noch an ihr neues und zusätzliches Aufgabengebiet gewöhnen mussten. Zu Ende der Pilot-Phase konnten mit weniger Zeitaufwand gleichviele Hinweise generiert werden.
Ein innovatives Einsatzmittel
Der Nutzen und das vorhandene Potenzial von Super-Recognizer in der Polizeiarbeit sind immens. Gerade in der heutigen Zeit des technologischen Wandels ist eine gewisse Unsicherheit gegenüber diesen Technologien und den damit verbundenen weitreichenden Möglichkeiten verständlich.
Auch befinden sich gesetzliche Grundlagen zu möglichen technischen Mitteln noch in reger Diskussion. Die Tatsache, dass bei den Super-Recognizer einzig der Mensch und dessen Fähigkeit im Zentrum steht, macht dieses «Einsatzmittel» besonders interessant.
Einer der Super-Recognizer bringt es wie folgt auf den Punkt: «Das einjährige Pilotprojekt war aus meiner Sicht als Teilnehmer ein grosser Erfolg.

Die positiven Feedbacks und die äusserst vielversprechenden Ergebnisse bestärken mich darin, dass das Projekt weitergeführt und allenfalls weiter ausgebaut werden sollte.
Ich bin überzeugt, dass dieses Projekt einen signifikanten Beitrag zur Ermittlungsarbeit leistet und die Effizienz in der Strafverfolgung somit gesteigert wird. Wenn man die Arbeit als Super-Recognizer aber richtig machen will, braucht es Zeit.»
Quo vadis, Super-Recognizer?
Die Projektverantwortlichen sowie die als Super-Recognizer eingesetzten Mitarbeitenden sind sich einig, dass die Thematik weiterverfolgt werden soll.
Die Geschäftsleitungen der Stadtpolizei St.Gallen und der Kantonspolizei St.Gallen haben nach der Evaluation der Pilotphase entschieden, künftig weiter auf Super-Recognizer zu setzen und dabei eng zusammenzuarbeiten.
Wie während der Pilotphase werden die Aufgaben zukünftig nicht als Hauptbeschäftigung, sondern in einer Zusatzaufgabe nebst der ordinären Tätigkeit ausgeübt. Insbesondere Bildfahndungen und der Einsatz anlässlich Veranstaltungen sollen dabei das zentrale Aufgabengebiet sein.
Keine Anhaltspunkte für die Verbereitung der Fähigkeit
Künftig sollen interessierte Mitarbeitende der Stadtpolizei St.Gallen und der Kantonspolizei St.Gallen periodisch die Möglichkeit erhalten, ihre möglicherweise vorhandenen Super-Recognizer-Fähigkeiten zu testen und bei einem Erfolg sowie Bedarf die Zusatzaufgabe ausüben können.
Die genaue Anzahl an zukünftigen Super-Recognizer kann jedoch nicht abgeschätzt werden. Dies, weil es gemäss der Wissenschaft noch keine Anhaltspunkte gibt, wie stark diese Fähigkeit in der Gesellschaft verbreitet ist.
Daher werden sich die verschiedenen anfallenden Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten unter den erkannten Personen einpendeln müssen.