Rund 80 Kinder aus Sri Lanka sind zwischen 1973 und 2020 im Kanton St. Gallen adoptiert worden, in vielen Fällen illegal. Der Kanton will Betroffene bei der Herkunftssuche unterstützen und die Problematik umfassend historisch aufarbeiten.
Sri Lanka
Die Schweizer Behörden stellten sich blind: Knapp 900 Babys und Kleinkinder aus Sri Lanka wurden zwischen 1973 und 1997 offenbar zumeist illegal in die Schweiz adoptiert. - sda - Keystone

Der Kanton hatte 2018 und 2019 zwei Berichte zur Aufarbeitung der Adoptionen aus Sri Lanka veröffentlicht. Anfang 2021 startet das Departement des Inneren ein Folgeprojekt, wie die Staatskanzlei am Montag mitteilte.

Die zuständigen kantonalen und kommunalen Behörden hätten die Adoptionen «nicht in allen Fällen gemäss den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt», heisst es. Hinweise auf unrechtmässige Vorgänge und auf Kinderhandel in Sri Lanka seien zu wenig beachtet worden. All dies soll nun umfassend aufgearbeitet werden.

Für Betroffene, die die Umstände ihrer Adoption klären wollen, sei die Verfügbarkeit von Akten zentral, schreibt der Kanton. Deshalb habe der Kanton Forscherinnen des Historischen Instituts der Universität Bern beauftragt, Akten in den Archiven zu suchen und vollständige elektronische Dossiers zusammenzustellen.

Diese Dossiers, die im Staatsarchiv aufbewahrt werden, sollen die Suche für Betroffene vereinfachen. Im Folgeprojekt zur Aufarbeitung der Adoptionen wird ein interdisziplinäres Forschungsteam der Uni Bern die Dossiers nach den damals geltenden rechtlichen Bestimmungen und fachlichen Standards überprüfen und bewerten. Die neuen Forschungsergebnisse sollen in einem Jahr vorliegen.

Der Bundesrat anerkennt und bedauert, dass die Behörden in der Schweiz im Zusammenhang mit Adoptionen aus Sri Lanka sich Verfehlungen und Versäumnisse schuldig gemacht haben. Trotz Hinweisen auf teilweise schwere Unregelmässigkeiten handelten die Behörden nicht.

Versäumnisse und Verfehlungen seitens der Behörden hätten bei den Betroffenen viel Leid verursacht, das nicht mehr rückgängig gemacht werden könne, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter am Montag in Bern vor den Medien. «Dafür spreche ich heute im Namen des Bundesrates den Betroffenen und ihren Familien ausdrücklich unser Bedauern aus.» An der Medienkonferenz war auch der St. Galler Regierungsrat Fredy Fässler in seiner Funktion als Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren dabei.

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